Florian
Kronbichler


Schadenersatz auf Einschüchterung

Das Zusammentreffen der Ereignisse könnte symbolhafter nicht sein: Eine Südtiroler Zeitung bringt in großer Aufmachung (groß, dass es schon einer Verurteilung gleichkommt) die Nachricht von der Verleumdungsklage des Bozner Unternehmers Repetto gegen den grünen Landtagsabgeordneten Riccardo Dello Sbarba.
Dieser habe durch seine „verleumderischen“ Aussagen die Volksmeinung gegen das geplante Pumpspeicherwerk am Regglberg aufgebracht und dieses somit zu Fall gebracht. Die Anschuldigung macht dem Politiker Dello Sbarba alle Ehre, eine Ehre freilich, die ihm mit einer aberwitzig hohen Schadenersatz-Forderung verleidet werden soll.
Der grüne Abgeordnete hat sich sicher der Aufgabe der Volksaufklärung verschrieben. Um den Preis einer halben Million Euro, wie der klageführende Repetto sie nun verlangt, wird er sie sich nicht leisten können. Die Schadenersatzforderung ist unbegründet in ihrem Gegenstand, unernst in ihrer Höhe und zielt eindeutig auf Einschüchterung ab.
Gleichzeitig mit Bekanntwerden der Klage gegen den grünen Politiker hat die Abgeordnetenkammer in Rom den Gesetzentwurf über die Verleumdung mittels Presse genehmigt. Zwar noch nicht mit diesem Gesetzentwurf genehmigt, aber von unserer Gruppe SEL sowie dem Movimento 5 Stelle eindringlich gefordert und in der Debatte auch von der Demokratischen Partei für eine eigene Gesetzesmaßnahme versprochen wurde: eine Schadenersatzforderung des der Verleumdung beklagten Journalisten, wenn der Richter bei der klagenden Partei Einschüchterungsabsicht feststellt.
Im Fall der Verleumdungsklage des Unternehmers Repetto gegen den Journalisten und Politiker Dello Sbarba würde das bedeuten: Erklärt der Richter sie für unstatthaft, also für reine Einschüchterung, was sehr wahrscheinlich ist, kann der zu Unrecht beklagte Dello Sbarba sich seinerseits für rufgeschädigt halten und hat Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe der Hälfte des von ihm geforderten Schadenersatzes.
Unverhältnismäßige Schadenersatzforderungen sind die perfideste und leider auch wirksamste Waffe gegen die Pressefreiheit. Gerade kleine Medien sind gezwungen, schon vor der Androhung einer Schadenersatzklage in die Knie zugehen. Prozesse, auch Presseprozesse, sind unberechenbar. Die Kleinen können sich auch ein kleines Risiko nicht leisten. Viele Wahrheiten bleiben ungeschrieben, weil Journalisten und Medien vorbeugend mit Schadenersatzklage-Drohungen eingeschüchtert werden.
Die Pressefreiheit braucht Schutz. Diesmal hat sich die Mehrheitspartei im Parlament noch nicht getraut, der Drohgebärde Einhalt zu gebieten. Sie hat sich einverstanden erklärt, es demnächst zu tun.

Florian Kronbichler

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