„Alemagna“ im Diplomatennebel
Vernebelndes Diplomatenchinesisch. So beurteilte ich in meiner Replik die Antwort des Vizeministers für Verkehr und Infrastrukturen, Rocco Girlanda, auf meine dringende Anfrage zu Alpenschutzkonvention und Alemagna-Autobahn. Der Vizeminister vertrat den Standpunkt, Italien und Österreich würden in der Sache den gleichen Standpunkt vertreten. Es gebe keine unterschiedliche Auslegung der gemeinsam unterzeichneten Alpenschutzkonvention. Italien halte sich an das Verbot „alpenquerender Großverkehrswege“.
Zu verstehen ist hinter der sperrigen Bezeichnung immer das Projekt Alemagna-Autobahn, das bereits bis ins Cadoretal verwirklicht ist und von hier weiter durch das Pustertal und einen Durchstich durch die Zillertaler Alpen nach München führen sollte. Das Verkehrsprotokoll zur Alpenschutzkonvention verbietet eine solche Verbindung. Nun vertritt Italien jedoch weiterhin folgenden zwiespältigen Standpunkt: Das Verkehrsprotokoll verbiete alpenquerende („transalpini“) Großstraßen, nicht jedoch inneralpine („interalpini“) auf italienischem Staatsgebiet.
Das österreichische Außenministerium, immer behutsam im Umgang mit seinem großen Nachbar, hat auf die „erklärende Auslegung“ Italiens höchst diplomatisch zurückhaltend reagiert. Es wolle die Erklärung im Sinne des gemeinsamen Verständnisses vom Geist der Alpenschutzkonvention verstehen.
Weniger gut meinend kann man eine arge List hinter der haarspalterischen Auslegung Italiens erkennen, und diese habe ich in meiner Replik im Parlamentsplenum folgendermaßen ausgedrückt: „Alpenquerende Straßenverbindungen sind also verboten. Für erlaubt hält man hingegen, dass jeder Staat, oder zumindest Italien, eine Autobahn bis an seine Staatsgrenze baut.“ Es reiche, dass auch Österreich und auch Deutschland es so hielten, und das Verkehrsprotokoll der Alpenschutzkonvention sei nicht das Papier wert, auf dem es unterzeichnet wurde.
Florian Kronbichler
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