Florian
Kronbichler


Hausjustiz

Gutes anerkennen, aber Missverstände nicht totschweigen. Nach dieser Richtschnur habe ich heute im Verfassungsausschuss dem Präsidenten des Staatsrates ein Lob ausgesprochen und einen Missstand aufgezeigt:
Im Gesetzesdekret zur Verbesserung der Gerichtsverwaltung ist vorgesehen, dass sämtliche Außensitze der Regionalen Verwaltungsgerichte aufgelöst werden, mit Ausnahme jenes von Bozen. Diese „Rettung“ einer autonomen Notwendigkeit begrüßte ich. Nicht verschweigen wollte ich jedoch vor dem Verfassungsausschuss und den höchsten Vertretern der Verwaltungsgerichtsbarkeit, mit was für „autonomem“ Verwaltungsgericht wir es in Südtirol zu tun haben.
Die Ernennung aller Bozner Verwaltungsrichterinnen und –Richter steht in krassem Gegensatz zur gesamten italienischen Rechtsordnung. Alle 8 Richterinnen und Richter werden nicht per Wettbewerb ermittelt, sondern politisch ernannt. 4 von der Regierung in Rom (im Einvernehmen mit dem Südtiroler Landtag, was die 2 deutschsprachigen Richter anlangt) und 4 Richter vom Landtag direkt. So ist es von einer Durchführungsbestimmung zum Autonomiestatut aus dem Jahr 1984 geregelt.
Es darf nicht wundern, dass hier von „Hausjustiz“ gesprochen wird. Die Autonomie ingesamt wird durch solche Absonderlichkeiten in Verruf gebracht. Selbst die Nachbarprovinz Trient, deren Autonomie auf dem gleichen Statut fußt, hat diesbezüglich eine weniger schamlose Regelung getroffen. Die Abgeordneten der Grünen, Riccardo Dello Sbarba, Brigitte Foppa und Hans Heiss, haben im Südtiroler Landtag erst heuer gefordert, dass das Verfahren zur Ernennung der Bozner Verwaltungsrichter an die demokratischen Grundsätze der Gewaltenteilung angepasst werde. Vergebens. Ich selber habe einen ähnlichen Antrag an das Justizministerium gerichtet. Bisher auch noch vergebens. Den Anlass zu unseren Initiativen gab die – selbst für die Verwaltungsrichter-Kollegen seltsam plötzliche – Ernennung der Lebensgefährtin von Senator Zeller durch die römische Regierung.
Dies habe ich heute bei der Anhörung des höchsten Repräsentanten der Verwaltungsgerichtsbarkeit, Giorgio Giovannini, im Verfassungsausschuss vorgetragen. Reaktion: verlegenes Achselzucken, zustimmendes Nicken im Plenum, herzhaftes „ha ragione!“ nach abgedrehten Mikrofonen.
Ich bleib überzeugt: Missstände gehören ausgesprochen.

Florian Kronbichler


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