Weihnachtsstress
Es weihnachtet nicht sehr, im Parlament. Am Eingang zur Kammer sind wohl Christbaum und Krippe aufgestellt, aber der Betrieb drinnen ist auf Höchsttemperatur gestellt. Wie üblich, was das ganze Jahr über versäumt wurde, glaubt man, die letzte Woche vor den Feiertagen erledigen zu müssen.
Heute lecken sich die Parteigranden noch die Wunden von einer Woche Tag- und Nachtverhandlungen zur Verfassungsreform im Verfassungsausschuss. Vieles am Ergebnis gefällt vielen nicht. Auch bei der Mehrheit. Aber niemand von dieser getraut sich, dem Chef Renzi sein Spielzeug zu verderben. Die einst „schönste Verfassung der Welt“ (Roberto Benigni) wird bald dieses nicht mehr sein.
Morgen früh wird Renzi in der Kammer über sein Europäisches Halbjahr bilanzieren. Er wird es schönreden. In Wahrheit war es eine schwache Performance. Italien hat aus seinem Halbjahr Europa-Präsidentschaft wenig gemacht. Selbst innerhalb Renzis eigener Partei wird das so mehrheitlich so gesehen. Eine Resolution wird im Anschluss an Renzis Bericht vorgelegt werden. Ich habe es übernommen, sie im Plenum vorzustellen.
Morgen abends dann kommt die Verfassungsreform ins Plenum. Generaldebatte. Ich werde zur Reform – ich sage: Konterreform! – des Titels V. betreffend die Autonomie der Regionen sprechen. Es wird eine Abrechnung mit dem neuen Zentralismus werden.
Die Oppositionspartei versuchen mit Tausenden, ja Zehntausenden Abänderungsanträgen die Verabschiedung der „Reform“ in der von der Regierung geplanten Weise zu verhindern. Allein wir von Sel haben über 10.000 Abänderungsanträge in Stellung gebracht.
Weiter behandelt wird das Reformwerk dann erst nach Dreikönig. Vorerst kommt es in den Freezer, denn noch vor Weihnachten muss das Stabilitätsgesetz zum zweiten Mal durch die Kammer. Es kommt wild zerfleddert aus dem Senat zurück. Übers Wochenende, und Montag-Dienstag, 22. Und 23. Dezember, soll es per Vertrauensvotum durch die Kammer gepeitscht werden. Dann vielleicht wird doch Weihnachten.
Florian Kronbichler