Florian
Kronbichler


Willkommen Netanjahu!

Was sind wir jetzt eigentlich alles? Alle Charlie sowieso. Wer politisch einigermaßen korrekt sein will, ist in diesen Tagen auch Moslem. Wir strengen uns an, zwischen islamisch und islamistisch zu unterscheiden. Das eine ist gut, und wie wir, das andere schlimm. Islamisten sind die Terroristen. Der „Islam gehört zu Deutschland“, das hat jetzt sogar die Merkel gesagt.
Und wie halten wir es mit den Juden? Leider weniger gespürvoll, finde ich. Bedenklich wenig. Heute wurde den ganzen Tag in den internationalen Medien herummokiert, Israels Präsident Benjamin Netanjahu, den wir so auffällig heftig grüßend in der ersten Reihe des Pariser Trauermarsches mitmarschieren sahen, sei zu dem Weltereignis gar nicht eingeladen gewesen. Er habe sich dem französischen Gastgeber Hollande selber aufgedrängt. Dieser habe daraufhin, damit die Balance stimmt, zumindest gleich den Palästinenserpräsident Abbas zugeladen.
Wenn stimmt, was gestänkert wird: Ja, ist dann nicht eher die Nichteinladung für den Judenpräsident eine Schande als dessen Selbsteinladung? Meine Parlamentsfraktion SEL, deren Engagement für die Palästinenser ich sehr schätze, hat sich gar über die Anwesenheit Netanjahus in Paris an sich mokiert. Als hätte er nicht da sein dürfen. Ich schäme mich für solche Haltung und habe bei Fraktionssprecher Scotto protestiert.
Je länger ich darüber nachdenke, desto empörter bin ich: Gibt’s in der Linken einen latenten Antisemitismus? Unter den Pariser Terrorismus-Opfern dieser Tage befinden sich auch vier französische Juden. Wäre, wenn sonst nichts, nicht das allein schon Grund genug gewesen, den israelischen Staatschef in die allererste Reihe zu reihen?
Wie die israelische Regierung mit den Palästinensern umgeht, ist menschenverachtend. Aber Menschenverachtendes verbrechen mehrere Staaten, deren Oberhäupter in Paris vorn mitmarschierten. Sie blieben alle unbehelligt. Nur der Jude hätte anscheinend nicht dort sein dürfen. Ich finde solche Haltung verwerflich und gefährlich. Wer nicht imstand ist, bei einem Ereignis wie dem Trauermarsch von Paris alles andere, das auch ein Problem ist, hintanzustellen, jawohl, das Palästinenserproblem inbegriffen, der ist ideologisch borniert. Dass Netanjahu und Abbas beide dabei waren, war das Beste am Ganzen. Es hilft der Friedensfindung in Israel/Palästina entschieden mehr als tausendundeine der rituellen Palästinenser-Paraden.

Foto (aus SZ): Netanjahu ganz links und Abbas ganz rechts (rein örtlich verstanden)

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