Florian
Kronbichler


Zuerst das Recht


„Aussendung von Köllensberger auf FB:
Un emendamento semplice, una sola frase: Non possono ricoprire la carica di senatore coloro che sono stati condannati con sentenza definitiva per delitto non colposo. Bene, Alfreider SVP, Gebhard SVP, Plangger SVP, Kronbichler SEL e Gnecchi PD hanno votato NO…”
Ein Freund las diesen FB-Eintrag von gestern und bittet mit jetzt um Begründung. Ziemlich erschüttert im Glauben an mich, wie ich aus seiner Nachfrage herauszuhören glaube.
Ich verstehe die Irritierung des Freundes. Deswegen in aller Offenheit: Ich habe in voller Überzeugung gegen den Antrag des M5S gestimmt. Ich teile viele Ziele des Movimento und schätze – in bedauerlicher Einsamkeit – viele ihrer Abgeordneten, aber ich finde mich sehr in Opposition zu deren Haltung in Fragen des Rechtsstaats und der persönlichen Freiheiten. Sie sind mir zu punitiv, zu poliziesk, zu verdächterisch, immer mit Strafgesetzbuch und Handschellen zur Hand. „Forcaioli“ ist ein bildhafter Ausdruck dafür, ich habe keinen entsprechenden deutschen. Mag schon sein, dass Korruption und Vetternwirtschaft die Seuche unserer Zeit sind. Aber sie mögen mir noch so viele Beamte bestechen und noch so viele Heilige aus den Kirchen stehlen, ich werde deswegen nicht die Grundprinzipien unseres Rechtsstaates aufgeben, nicht Selbstjustiz rechtfertigen und nicht das allgemeine Wahlrecht, passiv wie aktiv, preisgeben. Ich will keinen nächsten Justizminister Antonio Di Pietro. Ich glaube nicht an einen justiziellen Weg zum idealen Staat. Die Anzeigerei vieler Oppositionskollegen ist mir zuwider.
Im Konkreten: Der Antrag des eingangs erwähnten M5S-Antrags darf selbstverständlich für sich selber beurteilt werden. Verständlicher wird er aber im Zusammenhang mit mehreren vorangehenden Anträgen desselben M5S, die aufs gleiche Vorhaben abzielen: Da wurde erstens gefordert, dass nicht Senator werden kann, wer wegen ein strafrechtlichen Vergehens angezeigt ist („coloro che sono sottoposti a procedimento penale“), zweitens darf nicht Senator werden, gegen wen ein strafrechtliches Verfahren eröffnet ist („rinviato a giudizio“), und weil diese beiden Ungeheuerlichkeiten abgelehnt wurden (auch von mir), kam der dritte, weniger, aber immer noch ungeheuerliche Antrag („condannati con sentenza definitiva“) zur Abstimmung.
Auf die Gefahr hin, mich in den Verdacht des Selbstschutzes zu bringen: Ich selber bin schon einmal „letztinstanzlich verurteilt“ worden. In einem Presseprozess, in dem übrigens der Staatswalt auf Freispruch plädiert hatte. Ich dürfte, wenn es nach den Justizialisten des M5S ginge, nicht Parlamentarier sein. Lebenslang. Aber davon abgesehen …

Florian Kronbichler


Flor now
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