Florian
Kronbichler


Parlamentarisch aufs Christkindl warten.

Parlamentarier sind auch nur Kinder. Heute ist sitzungsfrei, Aula und Ausschüsse sind abgesagt, die Kammerdiener richten den großen Sitzungssaal für die Staatspräsidentenwahl her, die morgen nachmittag beginnt.
Diese Vor-Sitzungspausen haben etwas Liturgisches an sich, das längst aus Zeit und Sinn gefallen ist. Als sie eingeführt wurden, vor bald 70 Jahren, waren sie gedcht, um den Wahlleuten, Parlamentariern und Regionenvertretern, die Zeit zu geben, von überall her die Hauptstadt Rom zu erreichen. Diese Ausrede gilt längst nicht mehr. Allenfalls müssten die Parlamentarier vor wichtigen Entscheidungen in sich gehen, was bei manchen ein weiter Weg wäre.
Sie sind längst alle da. Im Transatlantico, das ist die Markthalle der Abgeordnetenkammer, und vor allem in der anliegenden Bar, der berühmten „Bouvette“, war es heute den ganzen Tag über voll wie an den wichtigsten Sitzungstagen nie. Es summt und wirbelt und dampft wie in einem Bienenstock. Jede und jeder weiß, wie es kommen wird und wer es sein wird, und nichts Genaues weiß keiner.
Es hat etwas Unwirkliches, wie tausend erwachsene und, man möchte meinen, gewählte Leute es ohne zu schimpfen hinnehmen, erst im letzten Augenblick gesagt zu bekommen, wen sie wählen müssen. Überhaupt, dass sie sich das sagen lassen!
Es ist vergleichbar nur mit dem Warten der Kinder aufs Christkindl am Heiligabend: Wann kommt’s endlich? Was wird es bringen? Und wenn es diesmal nicht kommt? Weil wir nicht brav waren. Oder wird es uns gar bestrafen? Weil wir nicht folgsam waren. Die Höchststrafe wäre, dass es das Parlament auflöst und uns alle heimschickt.
Wie Kinder an Heiligabend. Genau so benimmt sich die Parlamentarierschar. Mit einem einzigen Unterschied: Jede und jeder weiß hier, wer das Christkindl ist. Renzi heißt es.

Florian Kronbichler

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