Florian
Kronbichler


Fiebriges zur Inthronisation

Bevor eine Vermisstenanzeige aufgegeben wird: Ich bin nicht verschollen und habe mich auch nicht in irgendwelchen Winterurlaub verdrückt, es ist die Grippe. Kaum hatte ich – mit Überzeugung – am Samstag gegen Mittag meine Stimme für den neuen Staatspräsident Sergio Mattarella abgegeben, überfiel sie mich. Mit Fieberstößen, die zeitweise an richtiges Rossfieber reichten und mich noch immer nicht ganz verlassen haben. Während im Parlament der Staatspräsident angelobt wurde, packte meine Frau mich zusammen und begleitete mich im Zug nach Bozen. Erstens wäre ich, hustend wie ein krankes Kälbchen, für die Festversammlung eine Zumutung gewesen, zweitens ist für Fiebrige der Vormittag die beste Reisezeit.
So liege ich jetzt daheim, hingestreckt in meiner Matratzengruft. Weil wenig geübt im Kranksein, fragte ich den Arzt, wie sich so eine Grippekarriere denn üblicherweise entwickle, und was ich allenfalls zu deren Linderung resp. Beendung tun könne. Für Linderung gäbe es Mittelchen, sagte er cool, für Verkürzung nichts.
Das war klare Sprache, und so schicke ich mich halt ins Unvermeidliche. Ruh soll ich geben. Versuche ich zu tun.
Nur eine Frage: Wie fandet ihr die Rede des neuen Staatspräsidenten? Ich fand sie gut. Sehr gut nicht. Oder hat Mattarella etwa Außerordentliches gesagt? Doch der Applaus – überparteilich und 42 Mal, fast nach jedem Satz? A little bit over the top. War ja schön für den Neuen. Aber ist so was auch glaubwürdig? Dieses Parlament in seiner ganzen Mittelmäßigkeit, in seiner Verstrittenheit, ja, in seiner fortgeschrittenen Selbstaufgabe, bejubelt einen Präsident, als sei er der Erlöser, auf den es gewartet hat. Und das ausgerechnet zu einem Moment, wo das gleiche Parlament jeden Tag vor der Gefahr einer „präsidentiellen Demokratie warnt.
Ich habe nur zwei Erklärungen für solche Popstar-Nostalgie. Die eine: Auch die Leute im Parlament sind leicht zu unterhalten. Das sicher. Die andere: Die Parlamentarier haben sich von der Rede des Neuen bekehren lassen und wollen forthin danach leben. Das werden wir erst sehen.

Florian Kronbichler

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