Florian
Kronbichler


Welt, Provinz, provinziell.

 

Der neue Sparkassen-Generaldirektor Nicola Calabrò ist das jüngste Beispiel, und wäre es nicht eine Serie, man könnte es gesunde Selbsteinschätzung nennen. Das autonome Südtirol legt bei der Bestellung seiner Spitzenmanager eine Serie vor, die peinlich zu nennen schwer untertrieben ist. Egal ob Sparkasse, Stadttheater, Haydn-Orchester, Marketing-Gesellschaft, Universität und weiß Gott was noch: zuerst muss ein Internationaler her.

Wir sind doch wer, und nur das Beste am Spitzenkräfte-Markt ist gut genug. Und was ist das Beste? Egal, Hauptsache, er kommt von weit her. Bald stellt sich heraus: Der Mann von Welt versteht uns nicht. Wir schmollen ein bisschen, verstreiten uns, und weil ja anschafft, wer zahlt, verjagen wir ihn. Egal, was die Vertragsauflösung kostet, Hauptsache, er geht, der Depp! Das nämlich ist das Genie, das man sich geholt hat: ein Depp.

So schwören wir uns: Nie wieder so einen Ausländer! Der versteht uns nicht. Uns nicht und das Land nicht, und das Geschäft im Land schon gar nicht.

Und wir nehmen einen Hiesigen. Versteht er auch nichts vom Geschäft, er ist ein Hiesiger, denn unter Hiesigen versteht man einander. Das zumindest. Er mag zwar kein Genie sein, aber er versteht uns. Im Zweifelsfall ist besser, er versteht uns als das Geschäft.

’s war doch immer so, seit das autonom öffentliche Südtirol Manager beruft. Bei der Sparkasse ist es jetzt so weit. Zuerst musste es das internationale Finanzgenie Thimoty Brooks sein. Es erwies sich als Ei. Also: Versuch mer’s noch amal! Man ist ja die Sparkasse und nicht irgend so eine Raiffeisen. Und man versuchte es mit Schedl. Peter Schedl. Etwas weniger international als Brooks, aber immer noch ein Auswärtiger.

Wieder Miese! Alles hätte ich drauf verwettet: Jetzt muss ein Hiesiger her. Nicola Calabrò. Ob er das leck geschossene Schlachtschiff auf Kurs bekommt? Keiner weiß es. Sicher ist: Calabrò wird bleiben, wie immer es unter ihm geht. Denn mehr als zweimal schassen geht nicht. Den Leuten kommt nämlich irgendwann die Frage: Ja, wenn keiner von den Erwählten entspricht, wer wählt denn die alle aus? Muss man etwa die absetzen, die ständig die Falschen auswählen?

Das Spiel hat Tradition im Land: Es war so bei der Uni-Bozen. Ein Weltökonom musste als erster Rektor her? In Professor Steinherr war man überzeugt, ihn gefunden zu haben. Was wurde uns von dem alles vorerzählt! Und dann war’s ein Spesenritter, ein elender, und er wurde mit Schimpf und fürstlichen Abfindungen davongejagt. Seither begnügen sich unsere universitären Headhunter mit dem Alpenbogen als Jagdgrund fürs Führungspersonal.

Erinnert sich noch wer an den Herrn Karl von der Südtirol Marketing-Gesellschaft? Karl Kronsteiner, Wiener Top-Manager, das Bestigste am Managermarkt. Ein-zwei Jährlein, und er ward als Hochstapler befunden. Wurde verjagt und abgefunden. „Ösi, gscheata!“ Es kam der Engl, Eigenbau, und alles war gut.

Beim Stadttheater – das gleiche Theater. Ich weiß gar nicht mehr, wie der Intendant hieß. Ein Teutscher halt, internationale Kapazität. Beste Referenzen, halt uns verstand er nicht. Weg damit! Das war die Stunde des Manni Schweigkofler. Der verstand vielleicht vom Theater nichts, aber mit uns Südtirolern kannte er sich aus. Hat’s dann halt übertrieben. Wir sind schon blöd, aber der Schweigkofler darf nicht meinen, wir sind blöd.

Ich könnt noch lang fortfahren. Das Museion! Eine Französin musste es zuerst sein. Corinne Deserens, wenn ich mich recht erinnere. Ein Frosch reichte, und weg war sie. „Kein Gespür für hiesige Empfindlichkeiten, diese Auswärtige! Seither haben wir die hiesige Letizia Ragaglia zur Direktorin. Geht zwar keiner mehr hin, ins Museion, aber dafür ist Ruh. Heimatlich Ruh.

Ich hör auf. Nichts ist provinzieller, als wenn die Provinz Welt spielt.

Florian Kronbichler

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