Florian
Kronbichler


Wahlgesetz: Vertrauensmissbrauch

 

Das auch noch! Das Wahlgesetz mit der Vertrauensfrage zu verbinden, ist nicht das Ergreifen einer letzten parlamentarischen Chance, es ist pure Demütigung des Parlaments. Es war unnötig für den Fortgang des Gesetzes, es ist ein Anschlag auf die parlamentarische Kultur. Es ist eine reine Machtdemonstration von seiten des Ministerpräsidenten Renzi. Gegenüber der Opposition und mehr noch gegenüber der eigenen Partei. „Mai stravincere!“ war eine Feldherrnregel Napoleons. Diese Willkür-Vertrauensfrage zum Wahlgesetz ist der Beweis: Renzi ist definitiv kein Napoleon.

Aber davon abgesehen: Dieses Wahlgesetz ist schlecht. Es hat nicht die Organisation der Demokratie im Sinn, sondern einzig die die Zementierung der momentan herrschenden Machtverhältnisse: auf nationaler Ebene das System Renzi, auf regionaler Ebene die Zweckehe SVP-PD.

Der Partito democratico hat der Südtiroler Volkspartei innerhalb des Wahlgesetzes ein Sonderwahlgesetz zugestanden, das ihr de facto alle in Südtirol zu vergebenden Parlamentssitze garantiert. Der Preis ist: ewige Treue dem PD. Das Gesetz ist der SVP so auf den Leib geschneidert, dass sie sich drei der vier Einmann-Wahlkreise nimmt und den vierten, der den Italienern gehört, mit ihrem Gewicht mitbestimmt: zwar ein Italiener, aber immer einer von SVP’s Gnaden sein.

Und durch ein unverschämtes Rechensystem wird sich die Volkspartei über das Proporzsystem auch noch den Sitz holen, der dem Geist des Gesetzes nach der politischen Minderheit zustünde. Einen zweiten Betriebsunfall wie den SVP-freien Südtiroler Abgeordneten Kronbichler soll es nicht mehr geben.

Die Bevorteilung ist so schamlos, dass selbst Regionen-Staatssekretär Gianclaudio Bressa, der das Geschäft für die SVP verrichtet hat, es nicht mehr argumentativ verteidigen wollte, und er mir zum Schluss nur noch sagen konnte: „Florian, devi accettare che sono anche politico.“ Anche politico: will heißen: Macht vor Gerechtigkeit. Es ist ein Kuhhandel, und einer fairen Autonomiepolitik nicht würdig.

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