Florian
Kronbichler


Vom rechten Tragen des Titels

 

Jemand müsste schon sehr humorlos sein, würde er nicht zu würdigen wissen, wie glücklich die Doktortitel-Debatte des Südtiroler Landtags in das diesmal so brandheiße Sommerloch fiel. Sinnfälliger ginge es nicht. Meine politische Verwandtschaft mit den Autoren des Antrags vom korrekten Tragen des Titels lässt mich zwar befangen sein, aber ich weiß, die Grünen sind tolerant. Was anderswo Streit wäre, ist hier fröhliche Dialektik.. Ich teile Hans Heissens Diagnose, die Therapie überzeugt mich nicht. Ich halte eine Flurbereinigung im Titelwald außer für ungrün sogar für schädlich und erkläre das an einem wahren Geschichtchen.

Vorausschicken möchte ich, dass ich mich mit Studientiteln überdurchschnittlich gut auskenne. Ich war zu Anfang meiner Berufslaufbahn Referent für Studientitelanerkennung in der Südtiroler Landesverwaltung, und eines der Anerkennungs-Abkommen mit Österreich müsste, gäbe es Gerechtigkeit, sogar meinen Namen tragen. Der berufliche Umgang mit Titeln ließ meinen Respekt vor diesen im Lauf der Zeit eher schwinden als wachsen.

Jetzt aber zum Geschichtchen. Es ist schon ein Weilchen her. Wieder einmal gab es eine Sanitätsreform, und als sichtbaren Ausdruck dafür, dass es wirklich eine Reform war, wurde der Primarstitel für Krankenhausärzte abgeschafft. Für die betroffene Kategorie war es ein harter Schlag. Doktor? Doktor war doch jeder, aber ein Chefarzt, der sich nicht mehr Primar nennen konnte? Ein gar nicht so kleines Identitätsproblem!
Für uns Nicht-Ärzte und schon gar Nicht-Primare war es freilich eine späte Genugtuung. Recht geschieht diesen Göttern in Weiß!

Da traf ich, durch Bozen spazierend, den Landesrat Richard Theiner, damals frisch Verantwortlicher für Gesundheitspolitik und gleich schon befasst in Gewerkschaftsverhandlungen mit den verwöhnten Primaren. Ich wünschte ihm viel Glück dabei, und unbeherrscht, wie ich bin, verriet ich ihm meine Schadenfreude darüber, dass die Primare nicht mehr Primare, sondern nur noch schlicht Abteilungsleiter waren.
Ehrlich gesagt, ich erwartete mir vom Landesrat zumindest ein kollegiales Zuzwinkern. Im Sinn von: Höchste Zeit, dass ein bisschen demokratischer Wind durch die Spitalsgänge weht!
Doch weit gefehlt. „Nein“, antwortete mir der Landesrat, „Titel, Flor, Titel würde ich eher noch zusätzliche einführen, als alte abzuschaffen“.
Der Landesrat erklärte sich: „Du hast keine Ahnung, Flor, was diesen Ärzten der Titel wert ist. Die verzichten gern auf eine Zulage, wenn sie nur ihren Titel behalten dürfen.“

Ich verstand: Titel kosten das Land nichts. Günstigenfalls erspart es sich mit Titeln etwas.
Die Primare blieben Primare. Zu welchem Preis genau, weiß ich nicht. Aber wenn ich seither Menschen treffen, die sich an irgendwelchen zu Unrecht oder auch nur Unpass getragenen Titeln stoßen, muss ich an Landesrat Theiner denken: Nein, Flor, Titel helfen sparen.

Florian Kronbichler

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