Bio-Schwein gehabt
Gestern war ein schöner Tag. Bioland Südtirol lud zu seinen Sommergesprächen auf die Seiser Alm. „Gutes Essen, gute Welt“ lautete das Thema. Ganz schön anspruchsvoll. Aber Bioland-Präsident Michl Oberhollenzer liebt es anspruchsvoll, und sein Tag blieb nichts schuldig.
Schon einmal die Auswahl des Ortes: Die Alm der Grödner Biobauern-Familie Obletter-Insam. Bessere Gastgeber kann man sich nicht vorstellen: großzügigst und gleichzeitig vornehm diskret. Für die Schönheit von Lage und Umgebung können sie nichts, dafür verdient die Pflege von Wiesen und Hütte hohes Lob. Wie gedankenlos inflationär wir von „Kulturlandschaft“ schwätzen, hier ist verwirklicht, was das Wort bedeutet.
Dann die Gäste: Das Völkl der Biobauern und ihrer Wertschätzer wächst. Weniger schnell, als ihre Pioniere es sich wünschen würden, aber doch stetig. Sie sind selbstbewusst geworden und wissen die Zukunft auf ihrer Seite. Keine Angst mehr, von der herrschenden Agrarpolitik und der weiterhin übergroßen Mehrzahl der konventionellen Landwirte mürbe gemacht zu werden, sondern eher Sorge darum, wie diesen aus ihrer Verbunkerung herausgeholfen werden könnte.
Zum „Festredner“ hatte man den Gemeinwohl-Wirtschaft-Guru Christian Felber gedungen. Viele sind begeistert von dem seinen luftigen Thesen. Mir erschließt sich sein Charme nicht. Seine Kritik am herrschenden Politik- und Wirtschaftssystem teile ich, aber wer tut das nicht? Mich überzeugt nicht die Therapie: viel heiße Luft, viel Prinzipien, wenig Fakten, und halt viel selbstverliebte Darstellung. Was er doch alles studiert hat, und wie viele Bücher geschrieben! Muss das einer immer wieder sagen? Und wer auf der Alm vor lauter Menschen in Bergschuhen barfuß spricht, tut das sicher nicht, ohne dass er zu verstehen geben will: seht her, es spricht der Prophet zu euch. Nein, nicht mein Fall. Endzeit- und Untergangsszenarien können so schön schlüssig sein, – sie unterschätzen aber die Wirklichkeit.
Florian Kronbichler