Überstehen ist alles.
Bald ist sie um, die Urlaubs-, die schreckliche Zeit. Ich habe früher, zu meiner journalistischen Zeit, nach Herzenslust gespöttelt, wenn Politiker, von Zeitungen nach deren Urlaubsgepflogenheiten befragt, zur Antwort gaben: „Endlich komm ich zum Arbeiten!“ Die Schlimmste von der Sorte war Luisa Gnecchi. Sie hielt allein die Frage nach ihrem Urlaub für Zumutung: Arbeiten, natürlich arbeiten würde sie, „endlich zum Arbeiten kommen“. Außerhalb der Urlaubszeit würde sie ja andauernd gestört.
Ich fand solches Vorschützen von Betriebsamkeit in der Urlaubszeit bei Gnecchi, meiner spätern Politikerkollegin, deshalb für besonders anstößig, weil die Frau in ihrem vorpolitischen Leben ja Gewerkschafterin war. Ist doch ärgerlich, dass ausgerechnet so eine glaubt, mit ihrem ewigen „arbeiten! arbeiten!! den normal arbeitenden Menschen ein schlechtes Gewissen machen zu müssen dafür, dass sie im Urlaub eben nicht arbeiten.
Und ich jetzt: Ich habe mich nach Kräften bemüht, während der parlamentarischen Ferien, die jetzt bald zu Ende gehen, nicht zu arbeiten. Man hat es hier, auf meiner Facebook-Seite mitverfolgen können. Besonders treue Leser haben sich bereits nach meinem Verbleib erkundigt. Dabei war ich gar nicht weg. Ich übe mich nur in kommunikativer Enthaltsamkeit. Ganz leicht geht’s nicht. Ich muss die Erfahrung machen: Der Politiker gehört nicht mehr nur sich selbst. Und gelegentlich geschah mir eine Verlautbarung aus Unbeherrschtheit. Oder es rief mich ein Journalist in seinem sommerbedingten Nachrichtennotstand an: Man verleugnet sich auf Länge nicht ungestraft.
Ich war viel unterwegs. Allerdings nur daheim, will heißen in Südtirol, ein bissl auch im Trentino (wo ich besonders anhängliche Wähler zu besuchen habe). Europa-, um nicht zu sagen außenpolitisch (was mein parlamentarischer Schwerpunkt ist) stieß ich während meines Sommerurlaubs bis ins vordere Osttirol vor, ins Defreggental genau genommen, wo ich meiner Hüterbub-Kindheit nachspürte. Dort war ich dann definitiv nicht erreichbar. Daheim hätte die Revolution ausbrechen können, und sie wäre ohne mich passiert. Unerträglich. Aber überlebt.
Politiker im Funkloch. Auf der Jagdhausalm in Defereggen.
Florian Kronbichler