Florian
Kronbichler


Verurteilen nein, misstrauen ja

 

Der Misstrauensantrag des Movimento 5 Stelle über die Ministerin Maria Elena Boschi kommt heute in der Abgeordnetenkammer zur Abstimmung, und ich werde mit Ja stimmen. Ich tue das aus zwei Gründen: Erstens aus der Konsequenz des Oppositionspolitikers. Wer in Opposition zur Regierung steht, kann dieser insgesamt und auch einem ihrer Mitglieder nicht das Vertrauen aussprechen. Was wär das sonst für Opposition?

Zweitens: Gegen Ministerin Boschi liegt nichts Gesetzeswidriges vor. Es ist jedoch unstrittig, dass die Verstrickung ihres Vaters und Bruders in einen Bankenskandal Zweifel an der Unbefangenheit und Handlungsfähigkeit der Ministerin aufkommen lässt.

Aus ähnlichen Gründen sind in den letzten beiden Jahren bereits mehrere Mitglieder der Regierung entweder selbst zurückgetreten oder vom Regierungschef zum Rücktritt aufgefordert worden. Beispiele sind die Ministerinnen Severino, Idem, De Girolamo und der Minister Lupi. Sie alle hatten sich nicht persönlich schuldig gemacht, aber es gab familiäre Verstrickungen, und sie mussten gehen.

Für alle Menschen hat bis zu einer gerichtlichen Verurteilung die persönliche Unschuldsvermutung zu gelten. Für Politikerinnen und Politiker gilt zusätzlich das altrömische Prinzip: „Cäsars Frau hat nicht nur tugendhaft zu sein, sie muss auch tugendhaft erscheinen.“ Zeitnäher ausgedrückt: Sie müssen glaubwürdig und über Zweifel erhaben sein. Das ist Ministerin Boschi unter den herrschenden Umständen nicht.

Florian Kronbichler

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