Glurns-Mals: politisch erzählt.
Erzählen ist besser als lehren, und im Gasthaus politisiert es sich besser als im Kultursaal. Diese meine Überzeugung habe ich dieses Wochenende über im Obervinschgau festigen dürfen. Freitag Abend war ich in Glurns, geladen zu einer Autorenlesung aus meinem Bergbauernbuch „Die Kunst von oben zu leben“.
Am Samstag in Mals zu erzählen „aus dem Leben eines römischen Parlamentariers. Die Lesung wurde vom veranstaltenden Kulturausschuss aus der Bibliothek in den Tee-Salon unter den Lauben verlegt, und aus einer Lesung war bald ein Erzählen und Diskutieren über Freud und Leid modernen Bergbauernlebens geworden. Autorenlesungen sind per definitionem nicht Massenveranstaltungen, und oft finden sie gar unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Es sind halt Lesungen. In Glurns war der Andrang aber so überraschend groß und bunt, dass zum vorgesehenen Raum bald ein zweiter hinzu besetzt wurde. So viele kamen, dass ich zum Schluss an der Türschwelle zwischen beiden Räumen lesen musste (siehe Foto).
Der Glurnser Abend war als Kulturveranstaltung angekündigt. Aber klar wurde er politisch. Das ginge bei dem Thema Berglandwirtschaft und mit mir als Gast gar nicht anders. Die Leute waren einverstanden, und wie sie den Anschein erweckten, haben sie sich dabei sogar vergnügt.
Erklärtermaßen politisch der Abend drauf, Samstag, „Zum grauen Bär“ in Mals. Der Titel, den sie mir gaben, hieß „Erzählungen aus dem Leben eines römischen Parlamentariers“. Gastgeber Johannes Unterpertinger, in Mals Apotheker und Perpetuum mobile der meisten Initiativen dort, muss sich an Eichendorffs „“Leben eines Taugenichts“ inspiriert haben, und entsprechend leicht und luftig ging ich das Thema an. Erzählte, was ein Träumer und Luftikus wie ich im Maschinenraum der Demokratie so alles verbricht. Auch in Mals war es mehr unterhaltsam als belehrend, und trotzdem haben sie am Ende gesagt, sie hätten „was gelernt“ und würden manches jetzt „besser verstehen“.
Davon abgesehen aber: Die Malser wären nicht Malser, hätten sie letztlich nicht Mals zum Thema des Abends gemacht. Der Landtag hatte erst am gleichen Tag früh sein Anti-Pestzid-Gesetz genehmigt. Nach Ansicht der kampagnenerprobten Pestizid-Verweigerer ist das Landesgesetz selbstredend kein Anti-Pestizid-Gesetz, sondern die legale Verhinderung eines solchen. Bis nach zehn Uhr im Saal und dann bis fast Mitternacht am Budel haben wir über den rechten Weg in die pestizidfreie Zukunft gerechtet. Das Ziel blieb das eine, der Weg dorthin eher verzweigt.
Florian Kronbichler