Glyphosat zum Bauernhof-Tag
Gut, dass der Bauernbund eine Image-Kampagne gestartet hat. Die Bauern verdienen es und haben es notwendig. Ich sage es noch einmal: Das größte Kapital unserer Bauern ist die Bauernfreundlichkeit der Südtiroler Gesellschaft. Diese sich ständig neu zu verdienen und glaubwürdig zu pflegen, sollte für alle bäuerlichen Organisationen oberste Selbstverständlichkeit sein. Wie wichtig all ihre Dienstleistungen auch sind, bricht der immer noch überdurchschnittlich große Konsens der nichtbäuerlichen Mehrheit weg, ist alle Bauernförderung für die Katz und längerfristig nicht mehr haltbar.
Das sollten Bauernbund und speziell Politiker beherzigen, die vorgeben, Bauernvertreter zu sein. Morgen, kirchlich Dreifaltigkeitssonntag, wird vom Südtiroler Bauernbund als „Bauernhoftag“ begangen. Ist eine Werbeaktion für gutes bäuerliches Wirtschaften und geht in Ordnung. Aber auch Werbung muss glaubwürdig sein, ein bisschen zumindest. Es ist nicht glaubwürdig, mit verantwortungsvollem Wirtschaften und gesunden Produkten zu werben, wenn Bauernbundobmann Tiefenthaler und Europaparlamentarier Dorfmann, früherer Bauernbund-Direktor, gleichzeitig eine Werbekampagne für das umstrittene Herbizid Glyphosat starten.
Ob nun wirklich krebserregend, nur wahrscheinlich oder gar nur möglicherweise, ein Gift ist Glyphosat allemal, und wenn es Südtirol ernst meint mit seiner Zukunft als Öko-Region, dann dürfen seine höchsten Landwirtschaftsvertreter nicht verteidigen, was selbst von gar manchen Regierungen Europas abgelehnt wird. Bauernbundobmann und Bauern-Europarlamentarier fallen der glyphosat-kritischen Fraktion in den Rücken sprechen nicht für Südtirols Mehrheit, wenn sie sich für die weitere Zulassung dieses verbreitetsten aller Herbizide aussprechen. Ihr Argument, dass die Bauern im Fall eines Glyphosat-Verbots auf „noch giftigere Mittel“ zurückgreifen müssten, ist schließlich eine dumme Drohung.
Die bauernfreundliche nichtbäuerliche Mehrheit der Südtiroler lässt sich nicht erpressen. Und was die Bauern selber anlangt: Der einsetzende Preisverfall in Folge systematischer Überproduktion bei Milch und Obst ist für sie der bitterste, weil Existenz gefährdende Beweis, dass in der Landwirtschaft neue, sanftere und gesündere Wege eingeschlagen werden müssen. Jener weg vom Gift ist ein erster davon.
Florian Kronbichler