Zurück aus Israel
Auf dem Rückflug aus Israel. Fünf Tage Landschaft, Menschen, Geschichte, Kultur, Kunst, Politik – ja, viel Politik. Wir waren eine Gruppe von etwa 30 Parlamentariern, Abgeordnete und Senatoren, aus allen Parteien außer von Forza Italia, die SVP-Kollegen Berger und Schullian waren auch dabei, und – die Reise ist selbst bezahlt – so waren auch Partner und Mitarbeiter dabei, meine Frau Rosmarie darunter. Wir waren insgesamt unser 42. Das alles mit Hilfe der israelischen Botschaft und geführt von der angeblich besten Israel-Führerin. Ihr Ruf hat sich bestätigt.
Wir waren zwei Tage in Tel Aviv, der wirtschaftlichen und Szene-Hauptstadt nicht nur Israels, sondern des ganzen nahen Ostens, einen Tag unterwegs in den palästinensischen Gebieten, Hauptsache Betlehem, Gaza leider nur am Rande, sowie zwei Tage in Jerusalem, Herzstück, religiöses und mittlerweile wohl auch eindeutig politische Hauptstadt des Landes.
Was wir sahen und taten: das Land von seiner besten und – soweit uns erlaubt – auch schlechtesten Seite erkundet. Von beidem gibt es Extreme, wie vielleicht in keinem anderen Land unseres Kulturkreises. Selbstverständlich geführte Stadtbesichtigungen – in Tel Aviv und Jaffa gleich wie in Jerusalem, Betlehem und noch einigen kleineren Orten. Das avantgardistische Tanztheater Batsheva führte Peter Handkes Publikumsbeschimpfung auf. Die nicht mehr als 100 Jahre alte Stadt am Mittelmeer, mit ihrer Szenekultur und der kühnen Hochhaus-Architektur gern das Miami Beach des Nahen Ostens genannt, zeigte uns moderne Kunst, meist mit Bezug auf Verfolgungsgeschichte und Gründermythos des Judenstaates.
In Jerusalem blieb wenig Zeit für Kultur, Kunst und Religion. Selbstverständlich besuchten wir die großen Werke der Weltgeschichte. Hauptpunkte jedoch waren wieder: Diskussionen mit Parlamentariern aller Parteien sowie Besuch der Gedächtnisstätten der jüdischen Geschichte. Beeindruckender Abschluss war heute der Besuch des Yad Vashem, Gedächtnismuseum des Holocaust.
Sonst: Wir besuchten High-Tec-Forschungszentren, militärische Sicherheitsanlagen, von denen unsereins keine Vorstellung hat, wir hörten uns Abend für Abend Referate, meist Verteidigungsreden zur Politik des Staates Israel im Verhältnis zu seinen ihm feindlichen Nachbarn. Ich erlaube mir zu sagen: Wenn die Einladung dem Ziel dienen sollte, uns Parlamentarier Italiens für die herrschende Politik Israels zu gewinnen, so hat die israelische Botschaft das Ziel eher nicht erreicht. Eine ausgewogenere Darstellung der Lage wäre der Glaubwürdigkeit dienlicher gewesen. Der Zufall wollte es, dass wir ausgerechnet an dem Tag in der Knesset waren, an dem die rechte Parlamentsmehrheit von Regierungschef Benjamin Netanjahu das umstrittene Gesetz zur nachträglichen Legalisierung von 6.000 Wohnungen jüdischer Siedler in Palästinensergebiet genehmigt hat.
Was mich an der Israel-Reise am tiefsten beeindruckt hat: der offenbar hoffnungslos unlösbare Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern. Hie reich, erfolgreich, modern, hochtechnologisch, dort immer mehr und immer ärmer. Gewaltbereitschaft auf beiden Seiten. Jede mit Argumenten, die der einen Seite unverzichtbar sind, aber der anderen nicht nur nicht zumutbar, nein, nicht einmal vermittelbar. Israel ist total auf „Frieden durch Stärke“ fokussiert. Selbst so genannte gemäßigte Politiker der Arbeiterpartei sprechen von den Palästinensern nur noch als von Terroristen. Eine deprimierende Erkenntnis. Jetzt landen wir in Rom.
Foto: Jerusalem, vom Ölberg aus gesehen: Friedhöfe, Friedhöfe, Friedhöfe – Symbol für mehrtausendjährige jüdische Geschichte.