Florian
Kronbichler


Südtiroler Landtagsopposition in den Verfassungsausschuss des Senats geladen.

Die Absicht der SVP, das so genannte Ladiner-Gesetz als Hintertürl zu einem neuen Wahlrecht in Südtirol zu missbrauchen, erregt Misstrauen in Rom und könnte nun das Gesetz insgesamt in Gefahr bringen. Für kommenden Dienstag, 21. März, sind die Oppositionsvertreter im Landtag kurzfristig zu einer Anhörung in den Verfassungsausschuss des Senats vorgeladen. Das Treffen überrascht durch Art und Termin.

Gegenstand der Aussprache ist der in erster Lesung von der Abgeordnetenkammer bereits genehmigte und nun zur Behandlung im Senat aufliegende Verfassungsgesetzentwurf. In nie gesehener Einmütigkeit haben Mitte dieser Woche die Mandatare aller Oppositionsparteien, 16 von 35 Abgeordneten, ein Schreiben an den Senatsausschuss gerichtet. Darin beklagen die 16 Abgeordneten, die SVP würde im Fall des Ladiner-Gesetzes eklatanten Autonomieverzicht üben, und dies nur in der Absicht, auf diesem Schleichweg zu einem der Partei genehmen Wahlsystem für den Südtiroler Landtag zu kommen.

Stein des Anstoßes am Ladiner-Gesetz sind zwei unscheinbare Abänderungen, welche der SVP-Ladinervertreter Daniel Alfreider auf Betreiben von Senator Karl Zeller unmittelbar vor Abstimmung in der Kammer in den Gesetzestext eingebracht hat. Würden diese genehmigt, bekäme die SVP endlich jenen Spielraum zu einer Wahlrechtsreform, die sie schon lang anstrebt, die ihr das Autonomiestatut aber nicht erlaubt. Dieses sieht ein reines Proportionalwahlsystem vor.

Der Grünen-Abgeordnete im Parlament hat bereits bei der ersten Lesung in der Kammer „den blinden Passagier im letzten Wagon“ gefunden und dagegen protestiert, dass hier die Abänderung zum Hauptzweck des Gesetzes avanciere und der erklärte Ladinerschutz allenfalls zu einem erwünschten Kollateralnutzen zurückgestuft werde. Er sprach in diesem Zusammenhang von „Ladinermissbrauch“. Der Zweikammer-Ausschuss für Regionalangelegenheiten, in dem Kronbichler das Problem diesen Donnerstag abermals vortrug, machte sich in seinem Gutachten die Bedenken weitgehend zu eigen.

Es erweist sich nun, dass die SVP das Ladiner-Gesetz gar zu unbekümmert umgerüstet hat. Es wird mit damit das Autonomiestatut abgeändert. Dieses sieht im Artikel 103 jedoch vor, dass Regierung oder Parlament für jede Änderung das Gutachten des Regionalrates sowie der jeweils betroffenen Landtage von Bozen oder Trient einholen muss. Das ist zum „Ladinergesetz“ vergangenen Herbst vorschriftsmäßig geschehen. Damals stimmte auch ein Großteil der Opposition dafür. Das geschah allerdings zu einem Zeitpunkt und einem Entwurfstext, als der fragliche Wahlrechts-Passagier noch nicht an Bord war.

Nach Logik sagt jetzt die Landtagsopposition: Mit den Abänderungen ist das ein anderes Gesetz. Viele von ihnen hätten für den Ladiner-Schutz gestimmt, nicht für ein neues Wahlgesetz. Es gehöre noch einmal in den Regionalrat und den Südtiroler Landtag. Vor einem Monat haben die Abgeordneten der Grünen und der Fünf-Sterne-Bewegung im Regionalrat einen entsprechenden Beschlussantrag eingebracht. Die Mehrheit lehnte ihn ab.

Inzwischen sind auch aus SVP-Kreisen Bedenken zu hören. Die SVP statuiert durch ihr Beharren einen Präzedenzfall, der sich leicht gegen sie selber und gegen die Autonomie insgesamt kehren kann. Ändert morgen Regierung oder Parlament auch nur einen Beistrich am Autonomiestatut, ohne Land und Region vorher um deren Meinung zu fragen, werden Bozen und Trient protestieren. Rom kann dann sagen: Warum so empfindlich? Ihr habt damals, „bei den Ladinern“ doch auch auf jede Mitsprache verzichtet.

Die Anhörung vor dem Verfassungsausschuss des Senats kommenden Dienstag wird manchen Aufschluss bringen. Kann sein, dass das Senatspräsidium der Argumentation der Südtiroler Opposition folgt und Landtag wie Regionalrat um ein zweites Gutachten anfragt. Das würde die SVP ein kleines Klein-Beigeben kosten. Schwerwiegender wäre: Regierung und Parlament ließen es absichtlich auf diesen Südtiroler Autonomie-Verzicht ankommen.

Florian Kronbichler


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