Florian
Kronbichler


Im Europarat mit Blick auf den Matteottiplatz

Gern wäre ich heute dabei, in Bozen am „Festival delle resistenze auf dem Matteottiplatz. Besonders heute Abend, wenn Gad Lerner über Grenzen („nuove frontiere culturali e sociali da affrontare“) sprechen wird. Lerner ist ein erfahrener Journalist und hat aus seiner Parteinahme für Minderheiten jeder Art nie ein Geheimnis gemacht. Im Zweifelsfall steht er links. Ich hatte vor einigen Wochen Gelegenheit, in Rom mit ihm über seinen Auftritt in Bozen zu sprechen. Ich bin überzeugt, dass er die eine und andere Anregung aufnehmen wird.

Gad Lerner, der sein journalistisches Handwerk zusammen mit Alexander Langer bei dem Kampfblatt „Lotta Continua“ gelernt hat, hat sich in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder mit Südtirol befasst. In Bozen hat er seine erste Publikumssendungsreihe auf Rai 3 mit „Profondo Nord“ eröffnet. Damals sprachen Alexander Langer neben Bischof Wilhelm Egger auf, Remo Ferretti neben Eva Klotz, und Luis Durnwalder neben Reinhold Messner. Es gab die mittlerweile üblichen Proteste wegen „südtirolfeindlicher Talkshows im italienischen Fernsehen“ damals nicht.

Ich finde es wichtig, dass das italienische Landesassessorat für Kultur derartige Südtirol-spezifische Veranstaltungen organisiert. Sie können Südtiroler verschiedener Sprache und Kultur nur zusammenbringen und füreinander sensibilisieren. Und auch deutschsprachige Südtiroler sollen sich von dem Angebot angesprochen fühlen. Stimmig gewählt auch der Ort des Geschehens: Piazza Matteotti, ehemals so etwas wie der Waltherplatz der Linken. Inzwischen ist er es nur noch „der Italiener“. Deutsch-Bozner haben weiterhin Schwierigkeiten hinzufinden, und das örtlich eher als politisch.

Doch, ich kann nur aus der Ferne wünschen. Ich sitze in Straßburg, im Europa-Rat. Momentan debattieren und abstimmen wir über einen Türkei-Bericht, zu dem ich meine Beobachtungen vom Ostersonntag-Referendum einbringen kann. Es wird ein gestrenges Urteil über die herrschenden Zustände im Land am Bosporus abgeben. Der Europarat überzieht die Türkei nach dem Erdogan-Referendum mit einem beständigen Monitoring. Das heißt: Das Land gilt als andauernd observiert.

Um 13 Uhr findet die Anhörung des Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung des Europarats statt. Wir haben Pedro Agramont nahegelegt, nach der Affäre mit dem fidelen Assad-Besuch zurückzutreten. Er wird es wohl nicht tun. Wir haben in der sozialistischen Fraktion gestern Abend zwei Stunden lang beraten, was wir tun werden, so er es nicht tut. Morgen kommt der König von Spanien auf Antrittsbesuch ins Europaparlament. Notfalls drohen wir dem reisefreudigen Präsidenten, ihn vor seinem König das Misstrauen auszusprechen.


Flor now
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