Florian
Kronbichler


„Leben ist immer politisch“

Zur “Nanne” nehme ich mir immer ein bisschen mehr Zeit. Dies erstens, weil es am weitesten ist bis zu ihr nach Kasern, zweitens, weil sonst niemand mehr zu ihr findet, sagt sie, drittens aber, weil sie mir jedes Mal beteuert, ich sei ihr „einziger Freund nach Alex Langers Tod“. Mich ehrt’s und rührt’s.

Ich rede von Anna Stolzlechner, geboren Notdurfter, überörtlich als „die Nanne von Prettau“ bekannt. Sie ist 94, und die zweite Hälfte ihres Lebens ist gleichzeitig die Biografie der Südtiroler Opposition. Magere Zeiten: begonnen Anfang 70er Jahre mit Jennys Fortschrittpartei, Ende der 70 trafen wir uns bei den gemäßigteren Südtiroler Sozialdemokraten, es folgt das Langer-Zeitalter mit den jeweiligen Häutungen, bis zu den Grünen. Seit einer Weile will sie nicht mehr Partei sein. Politisch weiterhin, „logisch“. Ihr Star ist jetzt Papst Franziskus.

Die Passionaria von einst ist mild geworden. Dem ff-Redakteur, der ihr neulich ein schönes Porträt geschrieben hat, hat sie die Veröffentlichung verboten. Begründung: „Ich will niemand mehr ärgern“. Schade drum. Auf der Ofenbank reden wir vom Leben, von Politik eher nicht, aber „Leben ist immer politisch“. Sagt sie selber.

Die Nanne, nur damit es ihre vielen Bekannten wissen, ist besser beieinander, als sie zugibt. Und das beileibe nicht nur „in Köpfe“. Diesen nimmt sie selber aus, wenn sie ihren Zustand sonst als „ellant“ bezeichnet. Aus dem Haus geht sie nicht mehr, jedenfalls nicht zur Saisonzeit, weil ihr „die ewige Grüßerei“ auf die Nerven geht. Sie liest, sieht Fernsehen („isch mai Badante“) und hat keine Angst. „Niu gihop“, sagt sie. Meine Nanne! Unschlagbar.


Flor now
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