Florian
Kronbichler


Liberi e uguali. Und brüderlich?

Mit Rosmarie und einem Dutzend Bozner und Trentiner Freunden heute beim Gründungskongress des neuen Linksbündnisses in Rom. Es ist der Zusammenschluss des bisherigen MDP-Movimento democratico e progressista“, der „Sinistra Italiana“ und von „Possibile“ und wird in Zukunft „liberi e uguali“ (frei und gleich) heißen. Ihre Position ist erklärtermaßen „links vom PD“. Ihr Leader ist Senatspräsident Pietro Grasso, sizilianischer Ex-Staatsanwalt, der 2013 von Pierluigi Bersani in den Partito democratico geholt und jetzt von ebendiesem aus dem PD heraus in die neue Bewegung geholt wurde.

Es war eine große Versammlung. Größer als die Veranstalter sich vorgestellt haben. Etwa tausend Besucher, darunter wir, kamen erst gar nicht mehr in den Saal hinein. Wir mussten das Gründungsfest der „vereinigten Linken“, als welche man sich versteht, auf Großbildschirmen in einem überdachten Vorraum ansehen. Der Umstand brachte uns um die bei solchen Anlässen so gesuchte Stallwärme und das gewisse Stadion-Feeling, dafür aber hatten wir nicht zu warm und frische Luft.

Grasso hielt eine starke, eine unerwartet starke Rede. Nicht alle hatten dem als Senatspräsident eher blassen Mann so viel politisches Charisma zugetraut. Ich entdeckte mich heute in mehrfacher Hinsicht überrascht. Die neue Bewegung wirkt stärker, als ich ihr zugetraut hatte. Und stärker, es mag am großen Zuspruch gelegen haben, stärker als gewohnt waren auch die diversen Führungspersönlichkeiten. Roberto Speranza, früher Sprecher des PD in der Abgeordnetenkammer und jetzt der neuen Linkspartei, sprach wie ein richtiger Volkstribun. Beeindruckend die Redebeiträger einer Reihe prominenter Gäste. Am eindrucksvollsten entschieden jene von Pietro Bartolo, dem „Arzt von Lampedusa“. Er versorgt seit einem Vierteljahrhundert alle Flüchtlinge, die lebend oder tot auf der Mittelmeer-Insel stranden. Wen seine Rede nicht rührte, der hat kein Herz.

Mich hat diese Gründungsversammlung der Linken, außer beeindruckt, auch sehr zu denken gemacht. Habe ich hier tatsächlich einem Vereinigungsfest beigewohnt, so wie die Veranstalter und wohl auch ein Großteil der Besucher es sehen, oder doch vielleicht einer abermaligen Trennung der Linken. Ich hätte mir das gewünscht, was das ganze letzte Jahr über als Ziel ausgegeben wurde: ein „Centro-sinistra largo, plurale, inclusivo e di governo“. Ein Zusammengehen der SEL-Überlebenden, der PD-Aussteiger mit Bersani und des Fortschritt-Feldes (Campo progressista) von Giuliano Pisapia. Was heute sich feierte, war nur die Linke links vom PD. Es fehlten die gemäßigte Linke und Mitte um den Ex-Mailänder Bürgermeister Pisapia, der den PD nicht als Gegner sieht, sondern als einen zu erneuernden Partner. Noch wäre Zeit, dass aus Erneuerung Einigung und nicht Spaltung wird. In der Tradition der Linken liegt leider eher Letzteres.


Flor now
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