Florian
Kronbichler


Afrika, her mit deinen Besten!

Hat wer von euch vorgestern Abend „Anne Will“ in der ARD geschaut? Es ging um Einwanderung. Wie viel Deutschland Einwanderer „braucht“. Anne Will ist eine geschickte Fragerin. Umso schlimmer deshalb, dass sie die nächstliegende Frage nicht gestellt hat. Und bezeichnend, dass auch niemand von den Teilnehmenden dies bemängelt hat.

Worüber Einigkeit bestand unter allen Diskutanten: Deutschland „braucht“. Braucht, braucht, braucht. Bis 2030 braucht Deutschland 6 Millionen ausländische Arbeitskräfte, 400.000 im Jahr, denn „wir wollen Exportweltmeister bleiben“, sagte der Unternehmervertreter. Und niemand widersprach. Dafür braucht es Einwanderung. Alle einverstanden. Gesteuerte Einwanderung, gesteuerte!, wohlgemerkt. „Denn wir wollen Exportweltmeister bleiben“. Man verstand, Deutschland „braucht“ und will „steuern“, was es braucht.
So weit, so schlimm. Was mich wunderte, war, dass niemandem die Frage einfiel, warum Deutschland Exportweltmeister bleiben muss. Deutschlands Export-Überschuss ist eine der Hauptgefahren Europas. Er verstößt gegen alle geltenden Stabilitätskriterien. Nach Europarecht ist ein zu hoher Überschuss genauso verboten wie ein zu hohes Defizit. Deutschland mit seinen Überschüssen macht die Wirtschaft der Partnerländer kaputt. Das zum Einen.
Die zweite und viel wichtigere Frage, die bei Anne Will gestern nicht gestellt wurde, ist aber: „Woher und wem nimmt Deutschland die Menschen weg, die es „braucht“. Von Afrika, Indien und anderen armen Ländern der Gegend, natürlich. Dort will Deutschland sie sich aussuchen, „steuern“. Was wird mit diesen Ländern sein, wenn Deutschland ihnen im Jahr 400.000 „abnimmt“? Wegnimmt, plündert, müsste es heißen. Wie sollen diese Länder ihre Wirtschaft, ihre Gesellschaft, ja, sich selber je auf die Beine bringen, wenn Deutschland, der Exportweltmeister, ihnen systematisch, „gesteuert“, die Besten wegnimmt?
Deutschlands überhitzte Wirtschaft auf ein gesundes Maß zurückzufahren, seinen sträflichen Exportüberschuss abzubauen (und sei es auch nur durch Anhebung des inneren Konsums), den wirtschaftlich ärmeren, jedoch menschenreicheren Ländern auch etwas zu überlassen, wenn nicht anderes, so zumindest ihre eigenen besten Arbeitskräfte, auf diese nächstliegende Frage kam niemand. Selbst Fragestellerin Anne Will nicht. Armes, selbstgerechtes, gefräßiges Exportweltmeister-Land Deutschland!


Flor now
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