Florian
Kronbichler


Danke, Pfarrgemeinderat von Stern

Ein schöner Skandal, den sie mir aufführen, da drinnen in Stern! Als meine private Strafe aberkenne ich dem badiotischen Dorf seinen angestammten Namen, der La Illa wäre. Mögen sich die Sterner dafür bei ihrem Pfarrgemeinderat beschweren. Erdreistet der sich, vier Flüchtlingen die Herberge zu verweigern. Der Pfarrgemeinderat, wohlgemerkt! Wär’s der weltliche Gemeinderat gewesen, wen würde es wundern? Die sind so: je reicher, je schäbiger: Corvara, Wolkenstein, Kaltern und im ersten Anlauf auch Abtei! Sie alle verbindet: dass sie ihre Dörfer flüchtlingsfrei haben wollen; und dass sie sich für nichts schämen.

Fremdenfeindlich sind sie auch nicht, das beweisen sie mit ihren Fremdenverkehrs-Statistiken. Ins Hochabtei und Gröden und nach Kaltern darf jeder, Hauptsache er hat Geld, viel Geld, und wer viel Geld hat, hat halt nicht gern Gesindel um sich, das keines hat. Jedenfalls nicht im Urlaub. Gemeinderäte sind nicht blöd, die weltlichen, die tragen Verantwortung, und dementsprechend haben sie gestimmt: dagegen.
Aber doch nicht ein Pfarrgemeinderat! Ich weiß nicht, wie es in Stern ist. Für gewöhnlich sitzen in den Pfarrgemeinderäten eher nicht die vom großen Geld, und sie müssten weniger Angst haben, dass vier Flüchtlinge ihnen das Dorf verschandeln und die „guten“ Gäste vertreiben. Ist ja nicht mehr ihr Stern (großteils ausverkauft), und sind ja nicht ihre Gäste. Und von wegen christlichem Auftrag – wollen wir pietätvoll schweigen!

Deshalb, schöner Skandal! Ich sage schön und meine das so. Seien wir dem Pfarrgemeinderat von Stern dankbar dafür, dass er uns diesen Skandal beschert hat. Selbstverständlich wird Stern seine vier Flüchtlinge bekommen. Jetzt erst recht. Das Dorf und die Pfarrgemeinde hätten es billiger haben können, ganz normal und unspektakulär wie hundert andere Pfarrhäuser im Land auch. Kein Mensch hätte es den Sternern verargt, keiner gedankt. Ich möchte ihnen jetzt danken. Danken für die Empörung, die sie ausgelöst haben. Im Dorf und überörtlich. Eine Bewusstseinsnahme-Welle schlägt übers Land. Der Pfarrer, die Pfarrgemeinderatspräsidentin, der Generalvikar, der Bischof, alle schämen sich pflichtgemäß. Das wirkt. Skandale helfen. Leider nur Skandale (und halt Katastrophen, wozu es diesfalls Gott sei Dank nicht kam). Die Normalität ließ uns gespürlos werden. Drum danke, Pfarrgemeinderat von Stern, du hast diesmal den Part des Mephisto im „Faust“ übernommen: „… den Teil von jener Kraft / die stets das Böse will und stets das Gute schafft“.

 


Flor now
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