Florian
Kronbichler


Luther-King und Langer in schlechter Gesellschaft

Darf einem sowas auffallen? Und muss man sich dabei was denken? Die Lega des unsäglichen Matteo Salvini hat ihr Rekord-Ergebnis (48,67 %) von den 80 Wahlsektionen Bozens in einer Sektion der Martin-Luther-King-Schule im Stadtviertel Don Bosco erzielt. Das zweitbeste (44,65 %) in einer Sektion der Alexander-Langer-Schule in Firmian.

Martin Luther King: „I have a dream“. Einen Alptraum etwa? Alexander Langer: „Macht weiter, was gut war!“ Oje, oje!

Die Notiz stand im Alto Adige von gestern. In einem umrandeten Kästchen unter der rot gedruckten Dachzeile „il voto nelle sezioni“. Darin standen die Lega-Spitzenreiter unter Bozens Wahlsektionen aufgezählt. Dem Redakteur oder der Redakteurin muss das beziehungsreiche Zusammentreffen von so berühmten Namenspatronen der Wahlsitz-Schulen und den darin erzielten Wahlvorlieben nicht aufgefallen sein. Denn wäre es, sie hätten doch gleich eine Geschichte darüber gemacht: Der Rassist und Fremdenhasser Salvini triumphiert ausgerechnet an den Stätten, die den Propheten der Verständigung und des friedlichen Zusammenlebens gewidmet sind.

Den Schulen sei nichts vorgeworfen. Es sind zwei Grundschulen, von denen die eine, die Langer-Schule, die Unschuld der Jugend für sich beanspruchen darf. Sie ist noch nicht einmal fünf. 2015 wurde sie als erste gemeinsame Schule deutscher und italienischer Kinder mit viel Zusammenlebenspathos von den Landesräten Achammer, Tommasini und Mussner eröffnet, auf dass der Geist des Schutzpatrons Langer abstrahle auf den ethnischen Problembezirk rundum. Ihre Schwesterschule Martin Luther-King hingegen hat bereits wahlberechtigte Abgänger, aber ihr deshalb einen Vorwurf machen, dass Luther-King-Schüler ihrem Namensgeber zum Kummer Salvini gewählt hätten? Nie! Die Wahldemokratur besetzt nur die Räume der Schule (für einen Tag), nicht die Pädagogik.

Dennoch: Es sollte auffallen dürfen, dass halt Nomen doch nicht gleich Omen ist. Gerade die sozial schwierigsten Stadtteile werden gern mit hehren, politisch hochgeladenen Namen bedacht. Ist gut gemeint, und beileibe nicht nur in Bozen so. Wer die Pikanterie mit dem üblichen, hierzulande fast pflichtgemäßen „Der Langer und der Luther-King, die werden sich aber jetzt im Grab ….“ kommentiert, sei beruhigt. Sie werden es sich nicht. Freilich, wer an die Kraft des Namenspatrons glaubt, der bedenke, was Max Frisch bezogen auf Brecht gesagt hat: „Er hat die Wirkungslosigkeit des Klassikers erreicht.“ Lieber Martin Luther-King, lieber Alexander Langer, verzeiht, aber ihr könnt nichts für die Lega in euren Schulen.

Foto: Die Bildungslandesräte Tommasini und Achammer bei der Segnung der Alexander- Langer-Schule 2015 in Bozen-Firmian.


Flor now
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