Da lob ich mir den Locher
Warum immer auf den Locher? Franz Locher ist außer Sarner und Politiker das Lieblingsärgernis des Südtiroler Feminismus’. Der Mann sitzt erst zwei Jahre im Landtag, und schon ist er die fleischgewordene Frauenfeindlichkeit. Landesweit. Er braucht nur beweisen wollen, dass er nicht frauenfeindlich ist, im Gegenteil, dass er, wie er jedes Mal beteuert, dass er „nichts gegen Frauen hat, überhaupt nichts“, und schon passiert ihm der nächste wirklich frauenfeindliche Sager. So war es, als er seine Kollegin Kuenzer „obwohl Frau, kompetent“ in deren Fach bezeichnete und jüngst die Frauen in Schutz nehmen wollte dafür, dass sie so wenig fleißig in die Politik drängen. Sie hätten schon daheim, in der Familie genug zu tun. So ist es öfter. Und gleich oft prasselt schon das vereinigte Frauenrechts- und Chancengleichheits- und political-correctness-Pressemitteilungsgewitter auf ihn nieder. Muss für Frauenverachtung ein Name her, der Locher steht immer zu Diensten. In der Tat, es muss jemand nicht sehr feministisch sein, um Franz Locher einen Macho zu finden. Aber Obacht! Der Mann ist nicht dumm. Würde ich jetzt gleich klischeehaft denken wie viele Locher-Kritiker, würde ich sagen, er ist ein Sarner. Gut möglich, dass er auch denkt, was er sagt, und das wäre bedenklich genug. Aber er ist Politiker und nicht blöd. Er weiß um seinen Ruf (immer in einschlägiger Angelegenheit), und soviel von Politik versteht er, dass man einen Ruf, so man ihn einmal hat, gescheiter mehrt als dass man ihn unterdrückt. Oder hält etwa jemand den Abgeordneten Locher für so dumm, dass er nicht wüsste, dass er ankommt mit seinen unsäglichen Frauen-Sagern? Die Leute lachen, die Mander stoßen sich in die Rippen, nicht nur am Stammtisch, auch im Landtag: Der sag’s ihnen, da werden die Funzen wieder keifen! Die Leute lachen. Und wer lacht, ist schon einverstanden. Karl Kraus sagte das bezogen auf die Judenwitze. Locher kapiert das. Und er muss sich dabei nicht Gewalt antun. Es kommt ihm spontan. Er ist so. „Authentisch“, würde er sagen und hält das für sein eigentliches Talent. Authentisch „wie do Durnwoldar“, sein erklärtes Vorbild. Der hat die Leute auch zum Lachen gebracht. Dass er dabei die Grenzen der Schicklichkeit gekannt hat, jedenfalls in der Öffentlichkeit, ist etwas anderes. Franz Locher sagt Frauenfeindliches, wenn er Frauen ein Kompliment machen will. Seine Schuld ist, nicht zu wissen, dass seine Art der Galanterie passé ist. Warum ich darauf zu reden komme? Weil diese Woche auf dem zum Zeitpunkt wichtigsten politischen Parkett von einem der wichtigsten politischen Akteure eine viel schwerschwiegendere, viel ehrenrührendere, viel verächtlichere Aussage über Frauen getan wurde. Und weil diese Frauenbeleidigung, eine sehr bewusst getane Frauenbeleidigung nicht die ihr gebührende Empörung erfahren hat. Sie fiel Mittwoch Abend im Gemeinderat von Meran und stammt vom neuen SVP-Stadtkomitee-Obmann Ernst Fop. Dieser Herr, Arzt von Beruf und nach der verlorenen Gemeinderatswahl angetreten, die Partei in einem „reinigenden Gewitter“ zu erneuern, begründete in seiner Stimmabgabe-Erklärung zur Absetzung des Bürgermeisters Paul Rösch das Fehlen auch nur einer einzigen Frau in seiner SVP-Fraktion wörtlich wie folgt: „Es könnte damit zu tun haben, dass die Frauen aus unserer Partei aus unterschiedlichem Alter und unterschiedlichen Berufen kommen. Es könnte sein, das müsste man prüfen, ob bei ihnen (gemeint: den Grünen – Anm. d. A.) Berufe sind, wo man mehr Freizeit hat, oder Altersgruppen , Studenten, die nicht Kinder haben, das könnte sein, ich weiß es nicht. … Aber wahrscheinlich stimmt es nicht, ich sehe schon Kopfschütteln.“So sprach der SVP-Sprecher im Meraner Gemeinderat, und dass er eine Ungeheuerlichkeit gesagt hat, ist ihm offenbar erst durchs parteiübergreifende Kopfschütteln im Saal bewusst geworden. Ich halte den Sager für schwerwiegender als alle Locher-Sprüche zusammen. Er ist so zynisch, so bewusst, so an mafiös mehr andeutende als aussprechende Manier erinnernd dem politischen Gegner vorsätzlich zum Schaden hineingesagt. Denn was wollte der Doktor Fop uns sagen: Die 8-köpfige Meraner SVP-Fraktion, wollte er sagen, hat keine Frau, weil SVP-Frauen gestandene Frauen sind, mit ordentlichen Berufen und auch Kindern. Im Unterschied zu den Grünen. Die, wenn sie Berufe haben, haben sie solche mit viel Freizeit. Wahrscheinlich Lehrer. Dann halt Studenten, jedenfalls keine Kinder. Volk eben, das Zeit hat, zu politisieren und für die Gemeinde zu kandidieren. Wie gesagt: „Es könnte sein, ich weiß es nicht“. Zusammengefasst: Die SVP hat keine Frauen im Gemeinderat, weil sie zu tun haben, die Grünen haben zu viele Frauen, weil sie sonst nichts tun. Das wollte der Doktor Fop uns sagen. Und warum ist das schwerwiegender als alles, was Franz Locher sagt? Weil Fop Arzt ist, erstens. Lochers Sager sind im Vergleich von einer fast schon Mitgefühl erregender Naivität und Altertümlichkeit. Was hingegen der neue Meraner SVP-Obmann sagt, sind Anspielungen auf vorgebliche menschliche Schwächen. Anspielungen sind nicht Aussagen, sind nicht klagbar, nur fies.
Foto: „Wer lacht, ist schon einverstanden“. Franz Locher und sein Vorbild