Generation Proporz
Wer in Südtirol Proporz sagt, meint den ethnischen. Die Sprachgruppen werden gewogen, und je nach Gewicht wird ihnen zugeteilt: Ämter, Geld und Macht. Eine Ausgeburt von Demokratie ist das System nicht, aber wir haben uns daran gewöhnt, und es wirkt: Proporzistan hat sich in unsere Hirne hineingefressen. Recht hat, wer zählt. Unsere Politik ist ein Puzzle aus Bezirken, Kumpaneien und Lobbys. Kein Komiteechen ohne sein Propörzchen. Das beginnende Gerempel um die Kandidaturen für die nächsten Landtagswahlen ist ein anschauliches Beispiel dafür. Wie sie doch alle schon in den Startlöchern scharren! Aus dem richtigen Tal zu kommen, reicht längst nicht mehr. Der Pusterer und die Vinschgerin müssen zusätzlich in den vorgesehenen Parteiflügel, Verband und Verein passen. Das Geschlecht ist auch schon verpflichtend, und nicht gesagt, ob es bei nächsten Wahlen noch bei zweien bleibt.
Mächtig ins Kraut schießt neuerdings die Bedeutung des Alters. Generation ist wahrscheinlich der neue Schlüsselproporz. Dabei sind Otto Dellemanns Partei-Senioren genauso wie die Berufsjugendlichen der JG bereits alte Hüte. Die ganz Neuen sind die „Letzte Generation“. Diese rettet jetzt das Klima, das wir Alten versaut haben. Ein Freund von mir, Südtiroler und einst Fortschrittler, der es in Mailand zu einigem Reichtum gebracht hat, schreibt mir, dass er letzten Herbst bei den Parlamentswahlen Melonis Rechte gewählt hat. Du Opportunist, verantwortungsloser!, schalt ich ihn. Ob er gar nicht an die Klimakrise denke. Drauf er zurück: „Ist mir in meinem Alter egal, bis dahin schau ich meine Erdäpfel sowieso von unten an“.
So sind wir Alten: Leute für heute. Morgen? Bier der nächsten Generation, äh, der „letzten“! „Weil die Jugend ist die Zukunft“, sagen wir vom Stammtisch. Soll die sich drum kümmern!