Florian
Kronbichler


40 Jahre nach der Entführung von Aldo Moro

In einer Woche genau verfällt mein Parlamentarierstatus (22. März), und da hielt ich es für einen fast feierlichen Zufall, dass ich heute noch einen hochprotokollarischen Akt setzen durfte. Ich wurde nach Rom gerufen, um als Sekretär des Untersuchungsausschusses zum Mordfall Aldo Moro die Protokolle von knapp vier Jahren Sitzungen zu unterzeichnen. Das Feierliche an dem Akt ist, dass es heute, 15. März 2018, geschah, am Vorabend des 40. Jahrestags der Entführung von Aldo Moro und der Ermordung von fünf seiner Leibwächter.

Zu keiner anderen Arbeit in fünf Jahren Parlament wurde ich öfter befragt: ob es eine Sinn habe, nach so langer Zeit – 40 Jahre! – noch Nachforschungen anzustellen. Ob wir etwas Neues herausgebracht hätten? Ob wir nichts Besseres zu tun hätten. Ich sagte immer: Es kommen immer wieder neue Fragen auf zu diesem schwersten politischen Attentat in der Geschichte der Republik. Und Fragen erfordern Antworten. Außerdem gibt der Staat immer wieder Dokumente frei, die vorher dem Staatsgeheimnis unterlagen. Etwas zynisch zusammengefasst lässt sich sagen: Wir wissen immer noch nicht genau, wie und vom wem die Entführung und Ermordung von Italiens größtem Staatsmann nach Alcide Degasperi geplant und ausgeführt worden ist. Wir haben aber herausgebracht, dass es so, wie bisher offiziell erzählt, nicht gewesen sein kann.

Der Moro-Untersuchungsausschuss, dessen Sekretär ich war, war statistisch gesehen Schwerarbeit: Wir haben uns insgesamt zu 169 Sitzungen getroffen. Zusammengenommen waren das 265 Stunden. Nicht selten wurden die Sitzungen abends, nach der ordentlichen Parlamentsarbeit angesetzt und dauerten bis gegen Mitternacht. In 115 Anhörungen wurden, Staatsanwälte, Geheimdienstler, Zeitzeugen, Angehörige, Sicherheitskräfte sowie Terroristen einvernommen. Die Ergebnisse liegen nun in drei umfangreichen, von beiden Kammern des Parlaments genehmigten Berichten vor.


Flor now
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