Florian
Kronbichler


Selbstschutzmacht Österreich

Aus Rom Richtung Heimat unterwegs lese ich die neuesten Nachrichten von der Brenner-Front. Es kommt also so, wie zu erwarten und nicht wie versprochen. Österreich macht die Grenze dicht, Schengen wird ausgesetzt, am Brenner, aber auch am Reschen und in Winnebach, wird es zu allerhand Stau kommen. Die Flüchtlinge werden nicht die einzigen Betroffenen bleiben. Warum sollten sie das auch?

Ich könnte jetzt sagen: Habe ich alles schon gesagt (am Montag auf Rai-Südtirol). Hier sage ich nur noch etwas zu jenen, die jetzt glauben oder glauben machen, Südtirol oder auch nur das Bundesland Tirol hätten in der ganzen Flüchtlingsangelegenheit etwas zu sagen. Sie mögen sich sparen, vom Land einschlägig etwas zu fordern und auf es einzuhauen. Das Land kann nichts tun. Fluchtrouten und Flüchtlingshilfe sind Staatsangelegenheit, in Österreich gleich wie in Italien. Auch das Geld dafür bringt der Staat auf.

Trotzdem, ich mache unserem Landeshauptmann Vorwürfe. Er macht Fehler. Nicht in dem, was er tut, wohl aber in dem, was und wie er spricht. Er spricht seit Wochen, als hätte er etwas zu sagen. Und er spricht unverantwortlich. Bis vor kurzem „forderte“, jawohl, forderte er, dass Österreich das Schengen-Abkommen nicht aussetzen darf. Er sagte das, so als könne er etwas fordern. Er „forderte“ weiters, dass Slowenien die Grenze zu Italien sichern solle, so wie das Österreich gegenüber Slowenien schon tue. Das ist nicht Schadensbegrenzung, sondern Schadensabschiebung. Auch keine Lösung!

Statt das Land aufs Unausweichliche vorzubereiten, liefert der Landeshauptmann seit einer Woche Erfolgsmeldungen von der Abwehrfront: Zusammen mit seinem Parteiobmann Achammer will er uns glauben machen, Österreich halte die Brennergrenze für etwas Besonderes und behandle sie anders als andere Staatsgrenzen auch. Europaregion hin, Tiroler Landeseinheit her, dass am Brenner wegen der besonderen Tiroler Verhältnisse Schengen aufrecht bleibt, während es andernorts fällt, das uns weiszumachen, ist naiv. Flüchtlingsrecht ist Menschenrecht, und Menschenrecht bricht Südtirol-Recht, – wär noch schöner.

Die gleichen leeren Erfolgsmeldungen aus Rom. Renzi werde mit Faymann reden, Südtirol bekommt keinen Flüchtlings-Hotspot und werde auch sonst nicht besonders belastet. Angebliches Wort des Innenministers Alfano. Warum, wenn wir dem sonst nichts glauben, sollen wir ihm jetzt diese Beschwichtigungen glauben?

Und gestern, dieses gesamttirolisch platter-kompatscherische Gerede vom Schutz der „Außengrenzen“. Europa muss seine Außengrenzen schützen, dann sei das Flüchtlingsproblem für uns gelöst, Schengen gerettet und der Brenner bleibt zaunfrei. Wie naiv, und gleichzeitig wie zynisch! Die Kriege im Nahost, die Hungersnöte in Afrika, der Staatenverfall am Südrand des Mittelmeeres, diese Katastrophen müssen aufhören. Dafür zu arbeiten – und zu zahlen!, das ist der einzige wirksame und menschlich vertretbare EU-Außengrenzenschutz. Solang wir nicht dafür kämpfen – und zahlen!, ist der Grenzschutz am Brenner legitimer Selbstschutz unserer Schutznation Österreich.

Florian Kronbichler

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