Florian
Kronbichler


Das Unkraut am Wegrand

Euphemismus (das bedeutet die Verschönerung der Wirklichkeit durch sprachliche Maßnahmen) ist, so wie übrigens auch die Toponomastik, seit je ein Herrschaftsmittel autoritärer Regime. Sie schmücken Gesetze und Verordnungen mit schönen Namen, unabhängig von ihrem Inhalt, in der Regel mit um so schöneren, je schlimmer der Inhalt ist. Zweck des Euphemismus ist es ja, Schlimmes zu verstecken und Gutes noch besser aussehen zu lassen. Nazis wie Faschisten und nicht weniger die Kommunisten waren Meister in Sprachfälschung. Aber auch Ex-Ministerpräsident Matteo Renzi übte sich merklich in sprachlicher Behübschung seiner großteils wirkungslosen Reformgesetze. Gern täuschte er mit wohlklingenden Titeln, vorzugsweise mit englischen.

Die SVP begibt sich ebenfalls verstärkt auf den Weg des Spracheuphemismus. Schwindeln heißt sie neuerdings „die Blumen am Wegrand pflücken“. Es ist ein Sager von Silvius Magnago. Der volkstümliche, über alle Zweifel der Unredlichkeit erhabene ehemalige Landeshauptmann meinte damit: Chancen erkennen, sie auch nutzen, aber genauso Geduld haben, sich bescheiden. Nicht gemeint haben kann Magnago offensichtliches Falschspiel in Form von Unterbringung so genannter blinder Passagiere in Gesetzen, die damit nichts zu tun haben, so wie es jüngst am Beispiel des Verfassungsgesetzentwurfs so wie einer Durchführungsbestimmung für die Ladiner geschehen ist. Hierbei handelt es sich schlicht um Missbrauch der Ladiner so wie in der Folge um Missbrauch des Spruchspenders Magnago.

Abgesehen von der moralischen Verwerflichkeit, das vorgebliche „Blumen-am-Wegrand-Pflücken” der SVP kann keine langfristig erfolgreiche Autonomie-Politik sein. Der Verhandlungspartner wird die Strategie durchschauen und sich übertölpelt fühlen. Schlaumeier und Überfallstrategien haben sich selten als nachhaltig und zielführend erwiesen. Die Toponomastik-Frage darf als Exempel dafür genannt werden. Mit jeder weiteren Finte entfernt sich die SVP weiter von ihrem Ziel. Und genauso war es letztlich mit den Durchführungsbestimmungen über den Stilfserjoch-Nationalpark oder die Jagd. Die SVP musste von allen wirklichen Autonomieforderungen abgehen. Dass das Erreichte dennoch als Erfolg für die Autonomie verkauft wird, ist Euphemismus. Es wird sich als Bärendienst an den Ladinern erweisen, wenn „ihr“ Gesetz morgen sich als Mittel zum Zweck der Knebelung der Südtiroler Demokratie entlarvt haben wird.

Florian Kronbichler

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