Florian
Kronbichler


Mission pusterible

Wieder einen schönen Besuchstag durchs Land. Nach Mals und abwärts diesmal, gestern, von Innichen herab. Und immer Einkehr bei lieben Leuten. Klar ist der Pustertaler Zug voll, um diese Zeit. Doch immer noch gemütlicher und pünktlicher als jedes Auto auf der Straße.

Ich habe vor, am Bahnhof Innichen ein Radl zu leihen. Doch oh weh, eine Stunde warten würde nicht reichen. So groß ist der Andrang. Ganz Italia turistica will/muss die San Candido – Lienz (gesprochen Linz) machen. Ein Glück fast, dass es weiterhin nicht weiß, dass die Fahrt ins westliche (unsere) Pustertal landschaftlich und radlerisch viel schöner ist.

So schlag ich mich zu Fuß ins Dorf und zum Rathaus durch. Es wartet auf mich dort nämlich die Bürgermeisterin. Unvermeidlich, dass ich mich in der Fußgängerzone verratsche. Am Cafè Mitterhofer kommt man nicht unbemerkt vorbei. Mit Manfred und Frau grüßen mich hier Walter Mair und Frau. Walter hat zwei Jahrzehnte lang die ökosoziale Opposition in Toblach gestellt und dieser Substanz und Ansehen verliehen.
Im Rathaus stoße ich als erstes auf Freund Hans (Schmieder). Ich bin mit ihm nicht verabredet, aber es wundert mich kein bisschen, dass er da ist. Hans ist das Perpetuum mobile der Innichner Bürgerliste und seit zwei Jahren Referent fürs Unangenehme („einer muss es machen“) in der Gemeinderegierung der Bürgermeisterin Rosmarie Burgmann.

Rosmarie wird außer von ihrer Bürgerliste noch von der SVP getragen, wobei „getragen“ bezogen auf Letztere mitunter beschönigend klingt. Doch die Frau hat Mumm, ist kompetent, solidarisch und konfliktstark. Wer heute durch Innichen geht und sich umhört, begegnet vielem Respekt vor der Frau im höchsten Amt.

Ich spring wieder in den Zug – nach Toblach. Im Grand Hotel sehe ich mir das Programm der „Festspiele Südtirol” an und staune, was ich alles schon versäumt habe. Die Ausstellung des Vintschgers Christian Stecher ist sehenswert. Mit Greta Serani setze ich mich ins Café (weiß nicht mehr). Sie ist Bürgerlisten-Assessorin in der politisch höchst originellen Gemeinde Toblach mit dem italienischen Bürgermeister Guido Bocher. Mit diesem treffe ich mich später im Rathaus, und hätte der gute Guido nicht Dauer-Parteienverkehr („mit dem kann man reden“, entschuldigten sich die Bauern vor den SVP-Funktionären für ihre „falsche“ Wahl), wir hätten uns dort wohl verhockt.

Jetzt leih ich mir doch ein Radl und fahr weiter talabwärts. Da fällt mir ein: Ach, ich muss doch einmal meinen Pfarrer Hans in Taisten besuchen. Anstrengend der Anstieg von Welsberg nach Taisten und frustrierend, wie einen die E-Bikes locker überholen. Von dem gleich humorvollen wie querschädligen Pfarrer Hans lasse ich mich durch den Friedhof führen. Es finden sich hier allerhand zeitgenössische und sogar extravagante Kunstwerke. „Ein bisschen moderne Kunst muss sein“, da gibt’s nix beim Pfarrer Hans. Er ist ein Förderer des Luis Seiwald vom nahen Pichl (in Gsies). Bewundernswert, wie dieser inzwischen doch alte Pfarrer aller –kirchlichen wie weltlichen – Obrigkeit seine eigene Meinung und seinen unkonventionellen Geschmack entgegensetzt.

In Olang versuche ich den Zug zu erwischen. Er entwischt mir ums Arschlecken. So muss ich weiterradeln bis Bruneck und es ist ein wunderbare Fahrt in einen Pustertaler Hochsommer-Abend hinein. In Bruneck ist noch Zeit, dass ich in der Blitzburg zu einer Suppe einkehre. Ganz unpolitisch geht’s auch hier nicht ab. Am Budel steht Markus Lobis, der immer Bewegte aus Brixen. Er gibt mir Aufträge für Rom mit, wenn wir dort wieder die Arbeit aufnehmen.
Eine ergiebige Pustertal-Expedition und wenn auch nur zur Hälfte: verdient, dass ich ausgerechnet den einzigen Direktzug nach Bozen erreiche.

Foto: Pfarrer Hans Oberhammer von Taisten – unerschrockener Natur- und Kulturschützer.


Flor now
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