Euregio feiert, und niemand geht hin
Es gibt zwar noch lang keine Euregio, aber es gibt ein Euregio-Fest. Die Regierungen von Tirol, Südtirol und Trentino haben es ins Leben gerufen. Das weiterhin etwas kopflastige Geschöpf Europaregion Tirol sollte damit in die Herzen ihrer Menschen finden. „Von den Bürgern gefühlt“ sollte es werden. Alle zwei Jahre soll es stattfinden, abwechselnd in einem der Regionen, in Hall in Tirol wurde vor zwei Jahren der Anfang gemacht.
Diesmal war das Trentino dran. Unser südlicher Nachbar lud dazu nach Pergine ein (Hall, Pergine … ein Schelm, der Böses denkt!). Gestern war das. Und die Trentiner wollten gute Gastgeber abgeben: Das gesamte Areal der ehemaligen, längst aufgelassenen und neuen Zwecken zugeführten Nervenheilanstalt war für die Feier hergerichtet worden. In einer Arena-gleichen Waldlichtung waren Bühne, Festzelte, Schaubuden und was weiß Gott noch was aufgestellt, Musikkapellen aus allen drei Teilen des alten Tirols waren gechartert, Schützen sowieso, aber auch das Euregio-Jugendblasorcheste
… gekommen war niemand. Ich glaube an die Europaregion Tirol, und ich halte dem Landeshauptmann Kompatscher sehr zugute, dass er der Idee Europaregion sehr engagiert konkretes Leben einhauchen möchte. Das Fest vom Sonntag in Pergine war jedoch der Beweis: Die Euregio ist noch lang nicht bei ihren Bewohnern angekommen. Ich stieg zusammen mit meiner Frau in Bozen in den Euregio-Zug ein. Er war ziemlich leer aus Innsbruck um 8.25 in Bozen eingetroffen. Hier stiegen wir vielleicht unser 20 ein. Der Großteil wohl Euregio-Touristen, einige Zufallspassanten (der Zug war gratis), und sonst niemand. Ziemlich leer kamen wir in Trient an, wurden am Bahnhof mit Trentiner Äpfeln und Euregio-Fähnchen empfangen, stiegen in den bereitstehenden Valsugana-Zug ein und kamen – ziemlich einsam – in Pergine an, wo uns freundliche Mädchen in Valsuganertracht im Empfang nahmen.
Freilich nieselte es ein bisschen, was wir als mildernden Umstand für alle Fern-Gebliebenen gelten lassen wollen. Wir suchten Bekannte, aber fanden keine. Der Freiheitlichen-Nachrücker Hannes Zingerle – muss ich nachtragen – war mit dem Auto gekommen. Nicht weil geladen, sondern weil seine Freundin als Schützen-Marketenderin Einsatz hatte. Und noch Armin Mutschlecher war als Bekanntheit da. Er fehlt nie.
So marschierten wir – meine Frau und ich und Bürgermeister Guido Bocher von Toblach – tapfer mit dem Festzug durchs Städtchen, hinauf zum aufgelassenen Manicomio bis ganz hinten oben auf die Festwiese. Dort trafen wir auf die drei Landeshauptleute: Rossi, Platter, Kompatscher. „Wo sind denn die Meinigen?, fragte mich bittersüß mein Landeshauptmann.
Später, im Trentinerzelt bei Luganeghe, Polenta, Pilzen, Puzzone und Teroldego, war zu hören, Landeshauptmann Kompatscher habe die Hochzeitsfeier seines Kulturlandesrates vom Tag zuvor „peinlich“ befunden, wegen ihres gar zu pharaonisch überbordenden Aufgebots. An diesem Sonntag, am Euregio-Fest, war es ihm wieder peinlich. Aus dem gegenteiligen Grund.
Eine Präzisierung zum Schluss: Bürgermeister Bocher von Toblach war unzweifelhaft in europäischer Gesinnung nach Pergine gekommen, vor allem aber mit der Nebenabsicht, das Euregio-Fest in zwei Jahren, wenn Südtirol dran ist, nach Toblach zu holen. Schöner Gedanke! Ich wünsche ihm und uns allen ein besseres Pergine.
Foto: Die Euregio-Redner und wenig mehr als ihre Leibschützer