Florian
Kronbichler


“Is populism a problem?”

Zu dieser reichlich ungefähren Frage bin ich heute und morgen im Europarat in Straßburg. Die Veranstaltung heißt „World Forum for Democracy“. Es ist schwer, der Einladung zu einer solch wohlklingenden Zusammenkunft nicht zu folgen. Es sind Leute aus aller Welt hier, mehrheitlich junge, und wie ich aus den lebhaften Diskussionsbeiträgen schließe, sind ein Gutteil Politikstudierende und Journalisten, aber auch politisch handfest Verfolgte.

Populismus, das ist nämlich schon nach den ersten Vortragsrunden klar, Populismus geht in der Regel einher mit Nationalismus und Rassismus, und da rühren sich gleich Minderheiten wie jene der Roma und Sinti. Soeben habe ich Kontakt aufgenommen mit Zenfira Kondur, der Sprecherin des „Roma Women Fund“ in der Ukraine, und lerne dabei, was wirkliche Minderheitenprobleme sind (und im Vergleich zu denen unsere südtirolischen sehr komfortable sind).

Ansonsten: Das Forum lässt sich bedrohlich akademisch an. Die Referentenliste liest sich wie die reinste Politologen- und Soziologenparade. Nach dem ersten Halbtag habe ich mein Vorurteil über den Begriff „Populismus“ noch nicht überwunden. Weiterhin habe ich das Gefühl, dass „Populismus“ im Grund ein Euphemismus ist. Der Begriff , der in keinem Beitrag ohne Nennung von Donald Trump auskommt, wird in der politischen Diskussion verwendet, um nicht von Demagogie, Rassismus oder Nationalismus zu sagen.

Auf die Anklagebank gesetzt fühlen dürfen sich die Neuen Medien. Oh, wie diese der Demokratie gefährlich werden können, dröhnt es aus jedem zweiten Mikrophon, – nie ohne den keuschen Zusatz, dass selbstverständlich nicht alles dran schlimm sei. Mit „Populismus“ lässt sich wunderbar zwischen gut und böse hin- und herswitchen. Und vor allem: Einen Staatsmann oder ein Regime „populistisch“ zu schimpfen, ist ungefährlich. Demagogisch, nationalistisch oder rassistisch wären Betitelungen, die einklagbar sind. Populisten heißt man jeden ungestraft.

Trotzdem. Bei aller Gefahr der Beliebigkeit des Themas, ich treffe hier Menschen aus aller Welt. Und mein Interesse gilt vor allem jenen, die von Regimen und Diktatoren schikaniert werden, von denen hier als von „Populisten“ gesprochen wird. Ist verniedlichend, ok, aber wir wissen, wovon wir sprechen.

Foto: Zenfira Kondur, Sprecherin der ukrainischen Roma, wirbt im Europarat um Aufmerksamkeit für ihre ethnische Gemeinschaft.


Flor now
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