Florian
Kronbichler


Dank und Solidarität für Ulrich Veith

Das Aufjaulen der geballten Südtiroler Wirtschaftslobby gegen den Malser Bürgermeister Ulrich Veith ist unverhältnismäßig, widersprüchlich und letztlich selbstschädigend. Es kann gestritten werden darüber, wie schwer Südtirols Obstbau-Gebiete pestizidbelastet sind und wie schädlich für Mensch und Natur der erfolgte Pestizid-Einsatz ist, unstrittig ist, dass Südtirol ein Problem an Diskussionskultur hat. Am „Malser Weg“ liefert das Land den traurigen Beweis dafür, und die jüngste Polemik ist nur das vorläufig letzte Kapitel davon.

Jeder einigermaßen vorurteilsfreie Mensch – und das dürfte der Großteil der „Geo-Saison“-Leser sein – hätte die Veith-Aussage („ … in den Tälern mit den Apfelmonokulturen würde ich niemandem empfehlen, wandern zu gehen“) allenfalls für einen starken Tobak befunden, keinesfalls aber für etwas Skandalöses. Sie wäre ein Satz in einem alles in allem ausgewogenen, ja landesfreundlichen Interview geblieben. Zum Skandal aufdonnern tun ihn die vereinigten Wirtschaftsverbände, ihre politischen Helfershelfer inbegriffen. So war es mit Alexander Schiebels Buch „Das Wunder von Mals“, so mit der Plakataktion des Umweltinstituts München, beide Male waren die rabiaten Reaktionen ein Bumerang und einzig Werbung für die angeblichen Verräter. Diesmal trifft es den verhassten Bürgermeister. Er wird des Landeshochverrats bezichtigt, und das wird ihn noch beliebter machen. So viel für Bekanntheit und Erfolg des „Malser Weges“ könnten alle, die ihn begehen, gar nicht tun, um das zu erreichen, was seine Gegner durch Schikanen, Klagen und Diffamierung anrichten.

Dass der Lump nicht derjenige ist, der Mist macht, sondern wer sagt, dass es stinkt, das ist ein alter Hut. Das Gemaule auf den Malser Bürgermeister ist deshalb nicht nur selbstschädigend, sondern auch hochgradig widersprüchlich. Wir alle haben den Ruck gelobt, den sich vor kurzem der Bauernbund gegeben hat mit seiner Ankündigung, in Richtung einer Bioregion Südtirol aufbrechen zu wollen. Bei aller guten Absicht, war das nicht auch die Einsicht, dass der bisher gegangene Weg, wenn nicht falsch, so doch überholt erschien? Es steht dem Bauernbund, den Wirtschaftsverbänden und den höchstverantwortlichen Politikern schlecht an, wenn sie mit Bürgermeister Ulrich Veith denjenigen kriminalisieren, der über Südtirols Grenzen hinaus die Leitfigur darstellt für den Weg, den zu beschreiten dieselben Verantwortungsträger doch für das Land insgesamt als Ziel ausgegeben haben.

Wer Veith Ungeduld und Radikalität vorwirft, versteht nichts von Fortschritt. Wer vorausgeht, gilt den Hinten-nach-Kommenden immer für zu radikal. Ohne Mals und seinen Bürgermeister wäre die Südtiroler Landwirtschaft heute nicht dabei, die ökologische Wende mindestens in Ansätzen zu wagen. Sie tut das. Dass sie es eher den Malsern zum Trotz tut als in zugegebener Einsicht, das ist verständlich und soll das Gute daran nicht schmälern. Es reicht zu wissen: Mals hat Wirkung, die Provokation dieser Tage wird Südtirol ein weiteres Stück Richtung Mals gebracht haben, und dafür ist Ulrich Veith, dem Vielgescholtenen, Dank und Solidarität auszusprechen.

 


Flor now
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