Florian
Kronbichler


Das Gift vom Grieser Grünkeil

Müssen wir uns Sorgen machen um unsere Bauern? Seit diesem Wochenende definitiv. Ich bin dabei, den Glauben an die Selbsthilfe-Fähigkeit unserer Bauern zu verlieren. Den Rest, der mir noch geblieben war, hat mir die Lektüre der Wochenend-Nummer der „Dolomiten“ geraubt. Da kam zum Dauerbrenner Grieser „Grünkeil “ und dem Durchfahrtsrecht durch diesen Michl Bradlwarter zu Wort. Er ist der Bozner Bauernbundobmann, dazu Chef der pharaonischen Kellerei dort, ein vernünftiger, auch politisch versierter Herr, der die Interessen seiner Zunft wohl wahrzunehmen versteht, aber – eben weil er es versteht – diese üblicherweise nicht in Holzhammer-Manier vertritt. Bisher jedenfalls hatte ich diesen Eindruck. Nun lese ich von ihm Aussagen, für die mich nicht wundern würde, dass er demnächst vors Landesbauerntribunal zitiert wird. Dass sein Bundesobmann Tiefenthaler ihn anfährt: „Bradlwarter, was hast du uns da für Eigentor geschossen?!“ Der Obmann der Stadtbauern, in seiner Einlassung zum Grünkeil-Streit durchaus um Verständnis für beide Seiten bemüht, argumentiert sachlich. Die Bauern, sagt er, seien beim Spritzen „gesetzlich verpflichtet“, die Wege durch die Güter für den Verkehr zu sperren. „Es gibt nach Ausbringung der Pflanzenschutzmittel eine Wiedereintrittsfrist, die einzuhalten ist“, sagt er. Bei biologischen Spritzmitteln betrage diese Frist 24 Stunden, bei herkömmlichen Mitteln (Pestiziden – d. Red.) sogar 48 Stunden. Und gespritzt – so der Obmann weiter in den Dolomiten „wird die ganze Woche, auch am Sonntag, je nach Wetter“. Holla, holla – Hollawind! – lässt mich das gleich an die tapfere Anti-Pestizid-Frauengruppe von Mals denken. Ihr bekommt Recht. Der Bradlwarter, nicht irgendwer, nein, der Bradlwarter gibt euch Recht: Durch Obst- und Rebanlagen zu spazieren, laufen und zu radeln ist gesundheitsschädigend. Der Fahrradweg von Glurns bis Meran gehört von Ostern bis Herbst gesperrt, denn er führt von Anfang bis Ende durch giftverspritztes Gebiet, und für die Radlwege in anderen Landesteilen gilt dasselbe. Wenn der Bradlwarter Recht hat, warum sollen dann der Bär vom Münchner Umweltinstitut und der Schiebel vom „Wunder von Mals“ Unrecht haben? Sie sagen das Gleiche. Der große Brückenschlag zwischen Landwirtschaft und Tourismus, mit dem die Südtirolwerbung europaweit auf Tour geht, wird von hochzuständiger Stelle als Bluff erkannt. Intensiv-Landwirtschaft und Erholungslandschaft sind unvereinbar. Die Verteidigungsrede des Michl Bradlwarter für den Ausschluss der Fußgänger und Radfahrer aus dem Grieser Grünkeil kann die Sprengkraft eines EuGH-Urteils entwickeln. Fürs Kleine gemeint, das Große verbrochen. Bradlwarter, si taquisses!

Foto: Michl Bradlwarter, Bauernbund-Ortsobmann von Bozen vor seiner Kellerei.


Flor now
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