Ach Schützen, schützt ihr schlecht!
Dem Bozner Schützenhauptmann Roland Spitaler sollen sie das Tagesinkasso vom Landesmusikfest gestohlen haben. Über 10.000 Euro futsch. Dem Fähnrich der Schützenkompanie Pflersch, Toni Gogl, sei die Schützenfahne abhandengekommen. Er hatte den Koffer mit der Fahne vor dem Gasthaus abgestellt, ist eingekehrt, auf mehr als ein Glasl vermutlich, und hinterher waren Koffer und Fahne weg. Vor Jahren war das schon, und jetzt wurde ein Suchaufruf veröffentlicht. Die Dolomiten melden solche Vorkommnisse gern unter der Rubrik „Stopp den Diebstählen“. Es ist nach der „Stopp dem Wolf“ die beliebteste Rubrik in der Zeitung.
Hier sei nicht polemisiert. Doch die Nachricht über gleich zwei Fälle sorglosen Umgangs mit Vereinsgut veranlasst mich, den Opfern zwei mir persönlich bekannte Vorbilder gegenüberzustellen. Aufdass der Bozner Hauptmann und der Pflerer Fähnrich sich daran ein Beispiel nehmen.
Da ist zum einen mein Nachbar Marco Balduzzi, ein überörtlich anerkannter Rennrad-Mechaniker. Ihn fragte ich neulich um ein passendes Schloss für mein Rennradl. Selten hat mich Dilettanten ein Profi mit soviel Verachtung angeschaut. „Ein Schloss? Fürs Rennrad?“ Warum nicht, Rennradler kehren doch auch manchmal ein, müssen einmal … Die Antwort war strafend: “Il ciclista si siede qui, e mette la bici lì”. Also immer visavis und nie aus dem Auge.
Das zweite Vorbild ist noch heroischer. Alberto Giulini, Bruder des berühmten Dirigenten Carlo Maria, war im Krieg Alpini-Leutnant. Als am 8. September 1943 Italien kapitulierte und Hitlers Wehrmacht einmarschierte, löste sich Mussolinis Heer in Panik auf, die Kommandeure ergriffen die Flucht, einzig Ten. Giulini blieb irgendwo bei Sterzing pflichtbewusst auf Posten: Was tun? Er vergrub Kasse und Fahne im Wald, wo der Feind sie nicht finden würde, den Wimpel band er sich unters Hemd und trug ihn am Leibe nach der Gefangennahme bis zur Rückkehr aus Russland. Soviel unseren bestohlenen Schützen zu Schand und Vorbild.